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Derivation u. Komposition Brainstorming
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shiruke


Beiträge: 6
Beitrag #1
Derivation u. Komposition Brainstorming
Hallo,

ich vergleiche gerade die japanische und deutsche Wortbildung, mein Japanisch ist allerdings etwas eingeschränkt, ich hoffe, ihr könnt mir beim Brainstorming helfen.
Ich habe auch schon diese super Auflistung entdeckt
showthread.php?tid=368Allerdings kann ich damit leider nicht so richtig etwas anfangen, ohne ein Beispielwort für z.B. Rentaikei und all die anderen japanischen Ausdrücke. Gibt es irgendwo eine Liste mit Beispielen? Das würde mir sehr helfen.

Um wieder auf Komposition u. Derivation zurückzukommen:

1. Gibt es bei japanischen Komposita auch Fugenmorpheme, wie im Deutschen Kind+s+kopf ?


2.warum gibt es einmal Nomen+Nomen Komposita wie z.B. amagasa (Regenschirm), bei anderen N+N Komposita braucht man aber die Partikel no, z.B. bei hi+no+de, te+no+hira, oder eigo+no+hon (man kann nicht eigohon sagen, oder?) Gibt es da eine Gesetzmäßigkeit?

Ich suche mehr Beispiele für
1. Nominalkomposita:
a) Adjektiv + Nomen Komposita (Bsp. Rotlicht, im Japanischen z.B. dai+gaku?)
b) Verb+ Nomen Komposita (Bsp. Webstuhl)
c)Präposition+Nomen (Bsp. Nebenfrau)

2.Adjektiv-Komposition:
a) Nomen+Adjektiv (Bsp. hautfreundlich)
b)Adjektiv+Adjektiv (Bsp. altklug)
c)Verb+Adjektiv (Bsp. rutschfest)

3. Verbkomposition
a) Nomen+Verb (Bsp. radfahren)
b)Adjektiv + Verb (Bsp. liebäugeln)
c)Verb+Verb (kennenlernen)
Gibt es überhaupt im Japanischen für alle Kompositionsmöglichkeiten Entsprechungen, oder kann man z.B. kein Adjektiv aus Verb+Adjektiv bilden?



Zur Derivation(also Bildung eines Wortes mit Hilfe eines Derivationsaffixes wie -keit, -bar, -lich...):

1.Im Deutschen gibt es wahnsinnig viele Affixe für Derivation, sowohl Präfixe als auch Suffixe. Ist die japanische Derivation ähnlich reichhaltig oder ist Derivation eher selten?

Gibt es auch Derivationspräfixe oder nur Suffixe? Mir fallen nur Suffixe ein wie z.B. ka-i-te (Schreib-er), im Deutschen dagegen Präfixe wie un- (ungläubig)


2. Die Affixe werden im Deutschen in native und nicht native unterschieden (nicht nativ also aus fremden Sprachen entlehnt, wie z.B. inter-). Gibt es im Japanischen auch nicht- native Affixe?

3. Könnt ihr mir vllt ein paar weitere Beispiele für Derivation (egal welche) geben?
Ich habe bis jetzt glaube ich nur die -er Nominalisierung mit -te (Schreib+er, Tänz+er....)
Toll wären Beispiele für Adjektivderivation wie z.B. trink-bar



Gibt es im Japanischen außerdem Konversion, d.h. Worbildung ohne Hilfsmittel wie z.B. Affixe (wie z.B. laufen -> das Laufen)

Ich wäre sehr dankbar(noch eine Derivation zwinker ) für Ideen, Vorschläge, Brainstorming.

Vielen Dank,
Silke

PS: Mir ist noch etwas eingefallen:

Wenn man im Japanischen ein Verb "herstellen" möchte, kann man das ja mit suru machen
a) aus Nomen: seki - seki o suru
- geht das mit jedem Nomen? z.B. auch mit suimin - suimin suru (schlafen), oder fuan - fuan suru (Angst-ängstigen)?


b)aus Adjektiven: kirei ni suru, yasu ku suru
- geht auch das mit jedem NA/i-Adjektiv? Also auch: taira ni suru, shinsen ni suru, kantan ni suru und shiro ku suru?
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 02.04.08 11:13 von shiruke.)
02.04.08 07:35
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yakka


Beiträge: 582
Beitrag #2
RE: Derivation u. Komposition Brainstorming
Dein Beitrag macht den Eindruck als müsstest Du eine Seminararbeit o.ä. schreiben. Dafür kann man sich in einem Forum sicher Anregungen holen, aber doch keine wissenschaftlich stichhaltigen Informationen.
Aber auch, wenn das mit der Seminararbiet nicht zutreffen sollte, würde ich Dir empfehlen, dass Du Dich zunächst mit einer ausführlichen wissenschaftlichen Grammatik des Japanischen befasst. Du gehst z.B. wie selbstverständlich davon aus, dass die Bezeichnung der Wortarten direkt vom Deutschen auf das Japanische übertragbar ist (z.B. "Präposition", "Adjektiv"). Die "Japanische Morphosyntax" von Jens Rickmeyer könnte Dir (sicherlich besser als ein Forum, in dem zum größten Teil linguistische Laien aktiv sind) einen guten Einstieg liefern und zugleich viele Beispiele für die gesuchten Fragen.
02.04.08 11:08
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Rohan


Beiträge: 1
Beitrag #3
RE: Derivation u. Komposition Brainstorming
Also:

1.) Fugenmorpheme: Ist das Vorderglied ein Meishi (Nomen), dann nein. Ist das Vorderglied ein Verb, könnte man (je nach verwendetem Flexionsmodell) die i-Endung der ren'yôkei (Konjunktionalform) als Fugenmorphem ansehen, was aber etwas weit hergeholt ist.

2.) Bei deinen Beispielen ist nur das erste (amagasa) wirklich ein Kompositum. Die anderen Beispiele sind jeweils zwei einzelne Wörter, die mittels der Attributspartikel NO verbunden sind, wo also das erste Wort das Attribut des zweiten darstellt. Sowas sollte man dann auch nicht zusammenschreiben, solange es nicht lexikalisiert ist (was bei den von dir zitierten Fällen nicht zutrifft). So wie bei "watashi no hon" (mein Buch). "hira" ist die Fläche, "te" die Hand, also ist "te no hira" die "Fläche der Hand" oder "Handfläche".

Zu den Kompositumtypen, die du suchst, kann ich dir keine genaue Antwort geben, da ich mir darüber noch keine so großen Gedanken gemacht habe. Zu Verb-Verb-Verbindungen kann ich dir allerdings zwei Bücher empfehlen:
Iris Hasselberg: "Verbalkomposita im Japanischen"
Iris Hasselberg: "Lexikon japanischer Verbalkomposita"
beide sind im Buske-Verlag erschienen.

Derivation ist im Japanischen ebenso verbreitet und produktiv wie im Deutschen, viele Derivationsaffixe sind allerdings dem Chinesischen entlehnt (-teki zur Adjektivisierung, fu- zur Verneinung usw.). Eine schöne Auflistung häufiger Derivationsaffixe findet sich im bereits erwähnten Rickmeyer (Morphosyntax).

Schau einfach mal, daß Du die Bücher aus einer Bibliothek herbekommst. Aber Achtung: Sie sind sehr wissenschaftlich geschrieben...
02.04.08 17:42
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Yakumotatsu


Beiträge: 16
Beitrag #4
RE: Derivation u. Komposition Brainstorming
zu suru: Theoretisch kannst du aus jedem sinojapanischen Substantiv (also jedem aus dem chinesischen entlehnten oder mithilfe chinesischer Wortbildungsmechanismen konstruierten Substantiv) durch Suffigierung von suru ein Verb ableiten. Ob das dann allerdings von der Sprachgemeinschaft akzeptiert ist, ist eine andere Sache, da hilft notfalls nur der Blick in Lexika.

Aus einem Adjektiv ein Verb mittels suru zu machen, geht in jedem Fall. Bei Keiyoushi durch "ren'yôkei + suru" (also Adjektiv ohne End-i mit -ku), bei Keiyôdôshi durch "Stamm + ni + suru"
Damit erschaffst du aber eigentlich kein neues Wort. Vielmehr ist das Adjektiv dem Vollverb "suru" adverbiell untergeordnet. Mit Derivation hat das also nicht recht viel zu tun.
02.04.08 17:48
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shiruke


Beiträge: 6
Beitrag #5
RE: Derivation u. Komposition Brainstorming
Hallo,

vielen Dank für eure Antworten. Das Buch von Rickmeyer ist nicht leicht zu finden, aber in der Landesbibliothek scheint es ein Exemplar zu geben, was ich mir mal ansehen werde.

Ich habe "Introduction to Japanese Linguistics" von Natsuko Tsujimura, aber das ist leider nicht so ergiebig.
Was mich nur wundert ist, dass dort steht, dass Nomen flektiert werden, also:
hon-da -----it is a book
hon-ja-nai -----it's not a book
hon-dat-ta -----it wasn't a book

Hier im Lexikon stehen Meishi ("hon" ist doch ein Meishi, oder?) aber unter den Unflektierbaren kratz

Und eine letzte Frage hab ich noch:
Bei Tsujimura steht, Komposita bestehen aus 2 Morphemen,also sind im Japanischen komplexe Komposita wie Donaudampfschifffahrtsgesellschaftsfont (d.h. ohne eine Aneinanderreihung mit "no") nicht möglich?

Vielen Dank!
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 03.04.08 06:40 von shiruke.)
03.04.08 06:38
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adv


Beiträge: 1.037
Beitrag #6
RE: Derivation u. Komposition Brainstorming
(03.04.08 06:38)shiruke schrieb:Was mich nur wundert ist, dass dort steht, dass Nomen flektiert werden, also:
hon-da -----it is a book
hon-ja-nai -----it's not a book
hon-dat-ta -----it wasn't a book

hon da = Meishi + Kopula

Nicht das Nomen hon wird flektiert, sondern die angeschlossene Kopula,
die in Funktion tritt, wenn ein unflektierbares Wort (taigen), wie zB ein Nomen (meishi)
als Prädikat erscheint.
Bei "it is a book" wird ja auch nicht book flektiert zwinker

(03.04.08 06:38)shiruke schrieb:Bei Tsujimura steht, Komposita bestehen aus 2 Morphemen,also sind im Japanischen komplexe Komposita wie Donaudampfschifffahrtsgesellschaftsfont (d.h. ohne eine Aneinanderreihung mit "no") nicht möglich?

...ist nicht auf 2 Morpheme beschränkt.

edit: 川崎汽船會社 Kawasakidampfschifffahrtsgesellschaft
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 03.04.08 07:53 von adv.)
03.04.08 07:28
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Yakumotatsu


Beiträge: 16
Beitrag #7
RE: Derivation u. Komposition Brainstorming
(03.04.08 06:38)shiruke schrieb:Bei Tsujimura steht, Komposita bestehen aus 2 Morphemen,also sind im Japanischen komplexe Komposita wie Donaudampfschifffahrtsgesellschaftsfont (d.h. ohne eine Aneinanderreihung mit "no") nicht möglich?

Ah, das erinnert mich an Kompositalehre im Sanskrit. Die Theorie ist folgende:
Grundsätzlich ist ein Kompositum nur eine Verbindung von zwei Bestandteilen (Dampf + schiff). Allerdings können die Bestandteile eines Kompositums selbst wieder Komposita sein.
Beispiel:
Dampfschifffahrt besteht aus den beiden Einzelteilen "Dampfschiff" und "Fahrt". Daß das keine drei Einzelteile in diesem Kompositum sind, zeigt, daß man nicht sagen kann "Dampf + Schifffahrt", da der Dampf nicht die Fahrt, sondern nur das Schiff näher beschreibt.

Für genauere Lektüre empfehle ich Stenzlers "Elementarbuch der Sanskrit-Sprache". Das, was da kurz zu Komposita steht, kann man, denke ich, als relativ universal ansehen. Die betreffenden Paragraphen sind 304 bis 325 (zumindest in der 18. Auflage).
03.04.08 16:37
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adv


Beiträge: 1.037
Beitrag #8
RE: Derivation u. Komposition Brainstorming
Meist werden die Komposita schlicht als "Verbindung von zwei oder mehreren
Morphemen oder Morphemfolgen" definiert.
Im Sinne der Frage von shiruke hat Donaudampfschifffahrtsgesellschaft
dann dieselbe Struktur wie im Japanischen die 川崎汽船會社.
Unabhängig davon: Interessant der Ansatz von Stenzler, frage mich allerdings
ob man unter der genannten Annahme wirklich nie auf mehr als 2 Einzelteile
kommen sollte.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 03.04.08 23:09 von adv.)
03.04.08 23:09
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Yakumotatsu


Beiträge: 16
Beitrag #9
RE: Derivation u. Komposition Brainstorming
Der Ansatz geht schon auf Pānini zurück, einen altindischen Grammatiker, der ca. 400 v. Chr. gelebt hat. Solange es keine koordinierenden Komposita sind, ist der Ansatz gut nachvollziehbar.

Man müßte das jetzt halt in verschiedenen Sprachen ausprobieren....
05.04.08 20:02
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Derivation u. Komposition Brainstorming
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