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DVD-Kritik: Tony Takitani
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Beitrag #1
DVD-Kritik: Tony Takitani
Tony Takitani
nach der gleichnamigen Erzählung von Haruki Murakami
Japan 2004

Regie und Kamera: Jun Ichikawa
Schauspieler: Issey Ogata, Rie Miyazawa in einer Doppelrolle
Soundtrack: Ryuichi Sakamoto

Sprachen: Deutsch / Jap. DD 2.0
Untertitel: Deutsch
Bild: 1.85:1 (anamorph)
FSK: ohne Altersbeschränkung
Laufzeit: 76 Minuten; Making of: 68 Minuten
Extras: Making Of (japanisch mit dt. Untertiteln), Kinotrailer


Vorweg, es ist ein ruhiger Film ohne jeglicher Hektik, eine Literaturverfilmung, die genauso poetisch ist, wie das Buch selbst (erschienen im Übrigen im DuMont Verlag). Ichikawa fängt mit seiner Art des Schnitts aber auch durch seine fast schon sklavische Bindung an das Original die Melancholie und Einsamkeit Tony Takitani in perfekter Schönheit ein.
Tony Takitani wurde nicht in einem Studio gedreht, sondern auf einer im Freien stehenden Bühne, deren Kulisse zum Teil theaterartig gebaut sich aber genial mit dem realen Hintergrund verbindet - das Filmteam nannte während der dreiwöchigen Drehdauer den Set auch nur "die Bühne". Die Kameraführung selbst ist minimalistisch, bis auf wenige Szenen, fast nur im Stillstand, der Schnitt zieht sich wie ein bewegliches Zeitband durch den Film: Szenen verschwinden, Szenen kommen, sie faden nicht aus, sie überblenden sich nicht, sie treten ab wie Schauspieler von einer Bühne.
Faszinierend und genial sind die textlichen Überkreuzungen der Erzähler mit den gesprochenen Monologen der Schauspieler. Der daraus entstehende Effekt einer dokumentarischen Handlung entführt den Zuschauer in parallele Realitäten in einer Filmwelt, die den Film technisch zu einem genuinen Meisterstück werden ließen.

Die Synchronisation folgt dem Buch zwar nicht wörtlich, doch lässt es sich fast mitlesen – man bekommt das Gefühl, die Regieanweisungen selbst geben zu können und trotzdem den Schauspielern eine gewisse künstlerische Freiheit zu lassen (leider liegt mir das japanische Buchoriginal nicht vor, weshalb ich nur von der deutschen Version sprechen kann).

Für den Soundtrack zeichnet sich der für viele Filmproduktionen bereits bekannte Komponist und Musiker Ryuichi Sakamoto verantwortlich, der durch den ebenso markanten wie feinen akustischen Hintergrund sorgte. Es entstand Musik, die die Leere um Tony Takitani unterstreicht und dadurch erträglich erscheinen lässt.

zum Film
Tony Takitani ist seit seiner Kindheit an Einsamkeit gewöhnt. Seine Mutter starb schon nach kurzer Zeit nach der Geburt und sein Vater, ein Jazz-Posaunist, verbrachte mehr Zeit mit seiner Musik als mit seinem Sohn.
So wurde aus der erzwungenen Einsamkeit eine verinnerlichte Lebenseinstellung. Erst als er Eiko kennen lernt, lernt er auch die Gefühle der Zuneigung kennen und heiratet sie wenig später. Seine uneingeschränkte Liebe zu ihr erlaubt seiner Frau ein krankhaft exzessives Leben, in der sie selbst durch Kaufsucht ihr Heil sucht. Es vergeht kaum kein Tag, an dem sie keine teuren Designerklamotten kauft. Eiko stirbt bei einem Autounfall und hinterlässt ein Zimmer voller Kleidungsstücke und Schuhe. Tony ist wieder einsam. Zu einsam, denn er engagiert eine Frau, die die Rolle – und somit auch deren Kleider - von Eiko ausfüllen soll.

Ichikawa gelang eine herrliche, meisterhafte Literaturverfilmung, die die Poesie Murakamis auf die Leinwand umsetzte, ohne an Kraft, Ausdruck und Gefühl zu verlieren.

Das Making of wurde von einem eigenen Filteam während der Dreharbeiten erstellt und folgt dem Stil des Films - bis auf den Schnitt.

Bewertung
Film: 6 von 5 Sternen (!)
Ausstattung der DVD: 4 von 5: das Making of, das fast so lang wie der Film selbst ist, ist zwar interessant, doch vermisst man das ein oder andere Interview und vor allem ein Statement des Autors.

Kaufempfehlung!
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 08.01.06 16:49 von Nora.)
25.11.05 12:50
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edokko


Beiträge: 188
Beitrag #2
RE: DVD-Kritik: Tony Takitani
für obige Kritik zeichne ich mich verantwortlich!
edokko
25.11.05 12:53
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DVD-Kritik: Tony Takitani
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