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Japanische Gedankengänge.
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shinobi


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Beitrag #11
RE: Japanische Gedankengänge.
(08.12.08 01:49)fuyutenshi schrieb:Wenn du jetzt anfaengst die Sprache zu benutzen solltest du nicht soviel ueber Sinn und Zweck des Satzbaus gruebeln sondern einfach benutzen. Beim Sprechen kannst du nicht denken und ueber Regeln sinnieren. Das musst du automatisch machen.

Ich glaube, das sagt es in deinem Fall aus, zongoku.
Du kannst die Sprache lernen, oder dich selbst behindern, indem du theoretisierst.
Man merkt, dass du die Sprache nicht gelernt hast. Wenn du es gemacht hast, baust du den Satz, ohne groß nachzudenken. Ich muss kaum noch nachdenken, selbst bei einem langen Satz. Was nicht heißt, dass ich immer fehlerfrei bin. Der Gebrauch einer Sprache funktioniert irgendwann von selbst. Das werden dir sicher einige hier bestätigen. Nur musst du sie benutzen, statt über sie zu reden!
10.12.08 15:25
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Shino
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Beitrag #12
RE: Japanische Gedankengänge.
D'accord! Das betrifft übrigens viele Dinge, die man lernen könnte. Jazz z. B. kann man normalerweise auch nicht durch das Studium von Noten und Lehrbüchern lernen - man muss ihn hören, muss es selbst machen, sich am Besten in einer Combo einbringen und spielen, spielen spielen... - anders bleibt man immer ein Theoretiker und Anfänger. Na ja, Musik ist ja auch "nur" eine Sprache...

@zongoku
(10.12.08 02:16)zongoku schrieb:Da haette ich noch etwas.
In meinen Aufsaetzen, hat der Lehrer mir immer Woerter hinzuschreiben muessen, um aus meinem Satz was verstaendliches zu machen. Ein Ablauf wie folgender Satz, war falsch.

zB. Der Junge sitz in seiner Bank und der Lehrer sagt:
Mach die Tuer auf!

Was habe ich vergessen?
Geh, mach die Tuer auf!

Was habe ich noch vergessen?
Steh auf, geh zur Tuer und mach sie auf.

Meine Saetze sahen so aus, als ob der Junge einen enorm langen Arm bekam um die Tuerklinke zu druecken.
Oder der Sinn war dann, dass er sich zur Tuer teleportierte.
Der Ablauf vom aufstehen, um den Tisch gehen, (wie das beim Programmieren vor sich geht), fehlte dem Lehrer als Information, um meine Saetze zu verstehen.
Ein Beispiel für das "zuviel-darüber-nachdenken" ist der angegebene Dialog. Ich vermute, dass der Lehrer dir hier nicht sagen will: "So sagen wir das richtig auf Japanisch." Jeder dieser Sätze ergibt in irgendeiner Situation Sinn. Z. B. der erste: Es klopft an der Tür und der (in diesem Fall etwas unhöfliche) Lehrer schaut den Jungen, der am nächsten an der Tür sitzt an und sagt: "Mach´ die Tür auf." Das geht ganz sicher auch im Japanischen (wenn auch die Situation anders aussehen mag). Ich denke, er möchte dir einfach verschiedene Möglichkeiten der Erweiterung anbieten und dir einen richtigen Satzbau vor Augen führen. Solche Übungen gibt es übrigens in ähnlicher Form schon in "Japanisch für Schüler". Du siehst die Dinge oft zu einseitig, finde ich. Nur, weil dein Lehrer aktuell von dir längere Sätze verlangt, heißt das nicht, dass es die anderen Optionen nicht gibt. In meinen Grammatikübungen mache ich auch andere Sätze, als wenn ich mir Dialoge ausdenke bzw. mich in einem Gepräch befinde.

Für mich hört sich das letzte Beispiel nach einem schönen "Schriftjapanisch" an. Kein Mensch würde wirklich so reden. Das erinnert mich an Zeiten, in denen es in Romanen z. B. noch nicht üblich war, echte Dialoge nachzubilden, indem z. B. auch Sätze angefangen, aber nicht fortgeführt werden oder Gesprächspartner mitten im Dialog unterbrochen werden etc.

Ich kann hier zwar kaum auf eigene Spracherfahrung bauen - aber sowohl im JPod101-Podcast als auch in japanischen Filmen kommen solche verkürzten Sätze bzw. Anweisungen und Dialoge in der Umgangssprache durchaus vor.

(10.12.08 02:16)zongoku schrieb:Die Tasche der Hose.
Die Hosentasche.
Die an der Hose befindliche Tasche.
Die Hose an der die Tasche kaputt ist.
Des Vaters Hose, wo die Tasche ein Loch hat.
Die auf dem Tisch liegende Hose, wo die Tasche heraushaengt.
Die auf dem Tisch liegende Hose, mit der dick gefuellten Tasche.

Ja das stimmt, es sind schon komplexere Saetze. Die Saetze sind nicht linear.
Gibt es sowas auch im Japanischen?
Ich will hier jetzt nicht anfangen zu übersetzen, aber ich würde die Frage eindeutig mit "Ja" beantworten.

(10.12.08 02:16)zongoku schrieb:Ja das stimmt, es sind schon komplexere Saetze. Die Saetze sind nicht linear.
Gibt es sowas auch im Japanischen?

Das kann schon sein, denke ich. Nur als Uebersetzung, wird man hier Probleme bekommen.
Um genau jenen Sinn herauszubekommen, wie er im Deutschen enthalten ist.

Und so wird es wohl auch dem Deutschen ergehen, wenn er komplexere Japanische Saetze vorfindet.
kratz kratz
Deshalb sind Übersetzungen so schwierig, wenn sie gut sein sollen - egal in oder aus welcher Sprache. Es reicht nicht, den Text 1:1 zu übersetzen, man muss dabei auf viele Dinge achten, z. B. die Situation, die Intention des Sprechers bzw. des Autoren, den kulturellen Kontext etc. pp

(10.12.08 02:16)zongoku schrieb:Und daher denke ich, dass Japaner anders denken.
Ich denke nicht, siehe oben und vorige Posts.

(10.12.08 02:16)zongoku schrieb:Ein weiteres Beispiel ist die Tatsache, dass er es sich schwer macht, sich in die Lage eines Auslaenders zu versetzen.
Wenn der Auslaender nicht exakt den Treffenden Ausdruck, das Verb, oder die Partikel verwendet, so versteht der Japaner nur noch Bahnhof.
Wir dagegen, verstehen noch Personen, die gebrochen Deutsch sprechen.

hoho kratz huch augenrollen

Habt ihr Aehnliches erlebt?
Also meiner persönlichen Erfahrung nach gibt es das Problem auf beiden Seiten (egal, um welche Sprachen es sich dreht). Ich verstehe meine Tandempartner auch mitunter nicht, wenn sie Deutsch reden - auch hier kommt es auf Feinheiten an. Oft muss ich schmunzeln oder sogar lachen, wenn ich dann herausfinde, wie leicht man sich vertun kann. Und umgekehrt habe ich natürlich auch erlebt, dass ich einen Japaner mit einem vermeintlich vollkommen richtigen japanischen Satz angesprochen hatte und er mich nur verdutzt angesehen hatte.

Diese Situationen habe ich aber eher selten. Oft kommt dann - egal in welcher Sprache - einiges zusammen, wie falscher Satzbau, die Verwendung unüblicher Wörter, falsche oder ungeschickte Verwendung von grammatikalischen Formen und schlechte oder schlicht falsche Aussprache z. B. Kommen auch nur zwei von diesen Punkten zusammen, kann es für den Gesprächspartner unverständlich werden. Aber wie schon gesagt: Das gibt es nicht nur in Bezug auf Japanisch. Ein Beispiel: Warum bekommen im deutschen Fernsehen mitunter Menschen aus den Arbeiterschichten Untertitel (ich gehe hier extra nicht auf spezielle Dialekte ein)? Weil es tatsächlich auch Deutsche geben mag, die das so Gesprochene aufgrund der ungenauen Aussprache, des teilweise falschen Satzbaus und einiger verwendeter unüblicher Wörter nicht gut verstehen. Für mich unverständlich, aber es scheint so zu sein.

Übrigens, etwas OT: Die armen Nicht-Deutschen, die unsere Sprache lernen wollen oder müssen zwinker (ich glaube, ich hatte dieses Büchlein bzw. dieses kleine Essay schon mal erwähnt, aber es ist einfach auch nur Klasse, unbedingt lesenswert!

人生に迷うときもあるけど笑っていれば大丈夫
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 10.12.08 19:09 von Shino.)
10.12.08 19:02
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Herbert


Beiträge: 5
Beitrag #13
RE: Japanische Gedankengänge.
Hallo alle miteinander!
Ich hatte mich bereits vor einer Weile hier registriert und nach dem Umzug des Forums will ich mit diesem Post meinen Einstand halten. Da es hier ja anscheinend keinen Vorstellungsbereich gibt, an dieser Stelle nur kurz: Meine Wenigkeit ist Student der Sprachwissenschaft und wird in Kürze ein Auslandsjahr in Japan verbringen. Ich habe insbesondere (wer hätt's gedacht grins) Interesse an der japanischen Sprache, wiewohl mein Interesse dem Phänomen "Sprache" allgemein gilt.
Ich hoffe, man nimmt es mir nicht übel, daß ich diesen etwas älteren Post zitiere, beim Lesen des Threads kam ich einfach nicht umhin, hier ein paar Dinge anzumerken.

(09.12.08 02:59)Lori schrieb:  Das deutsche Wort Gluehbirne heisst im Englischen "lightbulb", wie einige vielleicht wissen. Wenn wir uns die einzelnen Teile anschauen, ist "glueh" = "light", das heisst, hier wird dasselbe Phaenomen aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachtet: Im Deutschen steht der Vorgang des Gluehens im Vordergrund, im Englischen das Ergebnis des "light".
Der zweite Teil des Wortes ist sogar noch interessanter: Deutsche Muttersprachler sagen "Birne" und englische Muttersprachler sagen "bulb". "bulb" bedeutet aber eben nicht "Birne" sondern (Blumen)Zwiebel, d.h. hier werden zwei verschiedene Fruechte als Muster fuer die runde Form der Gluehbirne genommen.
Im Endeffekt müsste man das alles in die Vergangenheit setzen, denn solche Dinge haben damals bei der Benennung eine Rolle gespielt, der heutige Sprecher aber lernt den Begriff einfach, ohne damit jetzt spezielle Assoziationen zu den Einzelbestandteilen des Worts zu entwickeln, das Wort ist einfach als fixer Begriff in der Sprache vorhanden.

(09.12.08 02:59)Lori schrieb:  Aber kehren wir zu unserem speziellen Fall zurueck: Japanisch ist anders als Englisch dem Deutschen ueberhaupt nicht aehnlich. Grammatik, Vokabeln, Schriftzeichen, Satzbau, es gibt einfach nichts, was in beiden Sprachen gleich ist. Tatsaechlich sind die Ueberschneidungen beider Sprachen auf ein paar Lehnwoerter beschraenkt.
Das würde ich so keinesfalls unterschreiben. Das Japanische wird natürlich gern mystifizert als unglaublich fremd und anders (womit ich niemanden hier im Forum meine), ist aber bei näherem Hinsehen auch dem Deutschen in mancherlei Hinsicht typologisch nicht unähnlich. Im phonologischen und phonetischen System wird man Überschneidungen finden, die Morphologie ist in beiden Sprachen stark suffixlastig, Verbalkategorien überschneiden sich teilweise, beide Sprachen sind akkusativisch usw...das ist nur eine Sammlung von Dingen, die mir spontan eingefallen sind, da gibt es noch viele viele mehr. Auf der anderen Seite gibt es selbstverständlich auch viele Unterschiede. Totale Gegensätze, wie in dem Zitat propagiert, sind Deutsch und Japanisch aber nicht - Gemeinsamkeiten und Unterschiede genauer zu quantifizieren, ist natürlich schwer.

(09.12.08 02:59)Lori schrieb:  Man koennte doch meinen, dass der Unterschied zwischen "Blau" und "Gruen" ganz selbstverstaendlich ist, oder nicht? Es gibt bei diesen beiden Beispielen keinen (mir bekannten) geschichtlichen oder kulturellen Grund, hier sind einfach nur die Wahrnehmungen verschieden - und arbitraer.
Nicht einmal die Wahrnehmung ist verschieden, nur die Art, wie die Wahrnehmung verpackt wird in Sprache. Auch ein Japaner kann (mental) Blau und Grün unterscheiden, selbst wenn er dafür dasselbe Wort verwendet. Es ist übrigens nicht ungewöhnlich, diese beiden Farben in ein Wort zusammenzufassen, wenn man die Sprachen der Welt betrachtet.

(09.12.08 02:59)Lori schrieb:  Im Japanischen gibt es die Worte "Mizu" und "(O-)Yu" fuer kaltes und heisses Wasser. Deutschsprecher sehen keine Notwendigkeit fuer diese Trennung. Nun muss man wissen, dass Japan ein geologisch sehr aktives Land ist mit mehreren tausend Vulkanen, die tausende von heissen Quellen speisen. Fuer Japaner sind diese heissen Quellen nicht nur Teil ihres Lebens sondern tatsaechlich ein Teil ihrer Identitaet. Fuer etwas so Wichtiges muss es natuerlich auch ein Wort geben und siehe da: "O-Yu" bezeichnet nicht nur heisses Wasser, sondern wird auch mit heissen Quellen assoziiert.
Solche Zusammenhänge existieren nicht auf so simpler Basis. Rein logisch betrachtet folgt ja aus der Aussage "Wenn etwas kulturell bedeutsam ist, dann muß es auch ein eigenes (unzertrennbares) Wort dafür geben" das Folgende: "Wenn es kein eigenes (unzertrennbares) für etwas gibt, dann ist es kulturell nicht bedeutsam." Ich glaube nicht, daß die meisten letztem zustimmen würden. (Diese Sätze sind übrigens meine ungefähre Interpretation des Geschriebenen und möglicherweise nicht exakt das, was lori sagen wollte - ich will hier weißgott niemandem irgendetwas absichtlich falsch in den Mund legen). Das beißt sich außerdem mit deinem nächsten Beispiel:

(09.12.08 02:59)Lori schrieb:  Zweites Beispiel: Im Japanischen gibt es das Wort "pan" fuer Brot (eigentlich auch schon ein Lehnwort). Im Deutschen gibt es neben dem Wort Brot auch noch das "Broetchen" (und dutzende regionale Varianten), ein Wort das keine direkte Entsprechung im Japanischen hat. Fuer Japaner, die jahrtausendelang Reis anstelle von Brot und Kartoffeln aßen, war das ja auch nicht notwendig.
Das ist etwas völlig anderes. Im vorigen Beispiel hast du ein sogenanntes Simplex betrachtet, aber "Brötchen" ist ja schon selbst ein komplexes Gebilde aus "Brot" und "chen". Die Japaner könnten so etwas ähnliches auch ohne Probleme bilden, etwa nach dem Motto "shoupan" ("kleines Brot"; spontane Erfindung, vielleicht gibt es das ja schon und bedeutet etwas anderes). Es gibt kein Hindernis für die Japaner, ein solches Wort zu erfinden, während Simplicia "einfach existieren" (historisch gesehen sind viele der heutigen Simplicia ja gar keine), da kommen üblicherweise vor allem durch Fremdwortimport neue hinzu. Der Grund dafür, daß sie existieren, ist aber nicht irgendeine höhere Bedeutsamkeit der bezeichneten Sache.

(09.12.08 02:59)Lori schrieb:  Im Japanischen gibt es ein kleines Universum von Hoflichkeitsformen und Regeln der zwischenmenschlichen Kommunikation ("Kultur"), die es im Deutschen schlicht und einfach nicht gibt.
Als Beispiel bieten sich die Personalpronomen an:
Im Japanischen gibt es fuer "ich" die Woerter "ore", "boku", "watashi", "watakushi", "atashi", "atakushi", die den relativen Stand des Sprechers sowie seine soziale Position und sein Geschlecht preisgeben. "Ore" und "boku" sind zum Beispiel dezidiert "maennlich", waehrend "atashi" und "ataskushi" weiblich (und "jung") sind. "watashi" und "watakushi" sind geschlechtsneutral und hoeflich. "Ore" ist "rauh", unhoeflich. Und "atashi", "watakushi" sind - weil Frauensprache - sehr hoeflich.
Schon allein an dem Fehlen einer "unhoeflichen" Frauensprachenform fuer "ich", bzw. einer "hoeflichen" Maennersprachenform fuer "ich", laesst sich erkennen, dass Frauen im modernen Japan einen niedrigeren Stand haben als Maenner. Ausserdem sieht man auch, dass der "Stand" des Sprechers im Verhaeltnis zu seinem Gegenueber in Japan sehr viel wichtiger ist als in Deutschland (Betrachtet wird die Gegenwart).
So einfach kann man nicht folgern, 1:1- Vergleiche von Wörtern führen zu nicht viel. Auch das Deutsche kennt Ebenen unterschiedlicher Höflichkeit, nur schlagen sich diese eben anders nieder (z.B. im Konjunktiv, generell irrealen Ausdrucksformen, weiterhin auch in nichtverbalen Geschichten).
Ich will hier übrigens nicht sagen, daß Deutsche und Japanische Höflichkeit das Gleiche wären und sich nur anders ausdrücken würden, ich will nur sagen, daß diese Direktvergleiche wenig zielführend sind.

(09.12.08 02:59)Lori schrieb:  Aber um auf den ersten Beitrag zurueck zu kommen: Es gibt erst einmal keine allgemeine "Japanische Denkweise". Das, was du derzeit dafuer haelst, ist wahrscheinlich nur die - oeberflaechliche - Struktur der Grammatik und des Satzbaus. Aber diese konstituiert eben keine Denkweise, sondern sie ist nur eine andere Art etwas auszudruecken. Da diese Art und Weise fuer dich schwer zu verstehen ist, verwechselst du sie mit einer anderen Art zu denken.
Meine vollste Zustimmung, schönes Schlußwort!

(09.12.08 21:34)Hellwalker schrieb:  Im Hintergrund zu Loris Beitrag ist auch die Sapir-Whorf-These ganz interessant.
Dazu sollte nur angemerkt werden, daß diese Hypothese nicht der aktuelle Stand ist. Der Zusammenhang zwischen Denken und Sprache ist zwar nicht geklärt und es gibt unterschiedliche Ansätze dazu. Klar ist jedoch, daß Sprache nicht das Denken einseitig determiniert, sondern daß da vermutlich komplexe Wechselwirkungen bestehen. Mit Vorsicht genießen!

So, ich hoffe, ich habe mir jetzt nicht direkt allzu viele Feinde gemacht grins
Grüße,
Herbert
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 12.03.09 21:14 von Herbert.)
12.03.09 20:39
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Lori


Beiträge: 533
Beitrag #14
RE: Japanische Gedankengänge.
Oho! Interessant. Ich betreibe "Sprachwissenschaft" nur auf der Grundlage von ein paar Einfuehrungsvorlesungen in der Anglistik und ein paar Buechern ueber Sprache, die ich aus Interesse gelesen habe. Ein Hobby eben. Deshalb finde ich es sehr spannend, was du hier zu sagen hast.

Ich habe meinen Post uebrigens vor kurzem gegengelesen und mir sind einige Dinge (auch ueber deine Anmerkungen hinaus) aufgefallen, die ich SO eigentlich nicht stehen lassen kann. Aber so ist das eben, wenn man "aus dem hohlen Bauch" heraus einen sprachwissenschaftlichen Artikel verfasst. zwinker

(12.03.09 20:39)Herbert schrieb:  
(09.12.08 02:59)Lori schrieb:  Das deutsche Wort Gluehbirne heisst im Englischen "lightbulb", wie einige vielleicht wissen. Wenn wir uns die einzelnen Teile anschauen, ist "glueh" = "light", das heisst, hier wird dasselbe Phaenomen aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachtet: Im Deutschen steht der Vorgang des Gluehens im Vordergrund, im Englischen das Ergebnis des "light".
Der zweite Teil des Wortes ist sogar noch interessanter: Deutsche Muttersprachler sagen "Birne" und englische Muttersprachler sagen "bulb". "bulb" bedeutet aber eben nicht "Birne" sondern (Blumen)Zwiebel, d.h. hier werden zwei verschiedene Fruechte als Muster fuer die runde Form der Gluehbirne genommen.
Im Endeffekt müsste man das alles in die Vergangenheit setzen, denn solche Dinge haben damals bei der Benennung eine Rolle gespielt, der heutige Sprecher aber lernt den Begriff einfach, ohne damit jetzt spezielle Assoziationen zu den Einzelbestandteilen des Worts zu entwickeln, das Wort ist einfach als fixer Begriff in der Sprache vorhanden.

Schon recht, aber da es hier nur um die Analyse, wie Worte gebildet werden, geht, halte ich diese Unterscheidung fuer nicht notwendig.

Zitat:
(09.12.08 02:59)Lori schrieb:  Aber kehren wir zu unserem speziellen Fall zurueck: Japanisch ist anders als Englisch dem Deutschen ueberhaupt nicht aehnlich. Grammatik, Vokabeln, Schriftzeichen, Satzbau, es gibt einfach nichts, was in beiden Sprachen gleich ist. Tatsaechlich sind die Ueberschneidungen beider Sprachen auf ein paar Lehnwoerter beschraenkt.
Das würde ich so keinesfalls unterschreiben. Das Japanische wird natürlich gern mystifizert als unglaublich fremd und anders (womit ich niemanden hier im Forum meine), ist aber bei näherem Hinsehen auch dem Deutschen in mancherlei Hinsicht typologisch nicht unähnlich. Im phonologischen und phonetischen System wird man Überschneidungen finden, die Morphologie ist in beiden Sprachen stark suffixlastig, Verbalkategorien überschneiden sich teilweise, beide Sprachen sind akkusativisch usw...das ist nur eine Sammlung von Dingen, die mir spontan eingefallen sind, da gibt es noch viele viele mehr. Auf der anderen Seite gibt es selbstverständlich auch viele Unterschiede. Totale Gegensätze, wie in dem Zitat propagiert, sind Deutsch und Japanisch aber nicht - Gemeinsamkeiten und Unterschiede genauer zu quantifizieren, ist natürlich schwer.

Aus sprachwissenschaftlicher Sicht hast du natuerlich recht. Morphologische und phonetische Aehnlichkeiten sind offensichtlich. Aus Sicht des (deutschen) Japanischlerners allerdings stellt sich Japanisch als "sehr fremd" dar, da es wirklich so gut wie keine Woerter gibt, die aus den europaeischen Sprachen bekannt sind (und selbst die meist englischen Lehnwoerter werden "japanisiert"), die Grammatik in vielerlei Hinsicht sehr verschieden ist (keine Unterscheidung zwischen Singular / Plural, maennlich / weiblich; keine Kasusflektion ...), uvm..

Zitat:
(09.12.08 02:59)Lori schrieb:  Man koennte doch meinen, dass der Unterschied zwischen "Blau" und "Gruen" ganz selbstverstaendlich ist, oder nicht? Es gibt bei diesen beiden Beispielen keinen (mir bekannten) geschichtlichen oder kulturellen Grund, hier sind einfach nur die Wahrnehmungen verschieden - und arbitraer.
Nicht einmal die Wahrnehmung ist verschieden, nur die Art, wie die Wahrnehmung verpackt wird in Sprache. Auch ein Japaner kann (mental) Blau und Grün unterscheiden, selbst wenn er dafür dasselbe Wort verwendet.

Stimmt, schlecht formuliert.

Zitat:Es ist übrigens nicht ungewöhnlich, diese beiden Farben in ein Wort zusammenzufassen, wenn man die Sprachen der Welt betrachtet.

Ich weiss grins Das "Bluen-Syndrom" ist ja recht bekannt und kommt glaube ich sogar bei Saussure (oder eben bei "Miller" ("Japanische Sprache")) schon vor.

Zitat:
(09.12.08 02:59)Lori schrieb:  Im Japanischen gibt es die Worte "Mizu" und "(O-)Yu" fuer kaltes und heisses Wasser. Deutschsprecher sehen keine Notwendigkeit fuer diese Trennung. Nun muss man wissen, dass Japan ein geologisch sehr aktives Land ist mit mehreren tausend Vulkanen, die tausende von heissen Quellen speisen. Fuer Japaner sind diese heissen Quellen nicht nur Teil ihres Lebens sondern tatsaechlich ein Teil ihrer Identitaet. Fuer etwas so Wichtiges muss es natuerlich auch ein Wort geben und siehe da: "O-Yu" bezeichnet nicht nur heisses Wasser, sondern wird auch mit heissen Quellen assoziiert.
Solche Zusammenhänge existieren nicht auf so simpler Basis. Rein logisch betrachtet folgt ja aus der Aussage "Wenn etwas kulturell bedeutsam ist, dann muß es auch ein eigenes (unzertrennbares) Wort dafür geben" das Folgende: "Wenn es kein eigenes (unzertrennbares) für etwas gibt, dann ist es kulturell nicht bedeutsam." Ich glaube nicht, daß die meisten letztem zustimmen würden.

Das interessiert mich jetzt: Beschreib' mir doch mal ein kulturell bedeutendes Phaenomen, fuer das kein Begriff existiert?

Zitat:
(09.12.08 02:59)Lori schrieb:  Zweites Beispiel: Im Japanischen gibt es das Wort "pan" fuer Brot (eigentlich auch schon ein Lehnwort). Im Deutschen gibt es neben dem Wort Brot auch noch das "Broetchen" (und dutzende regionale Varianten), ein Wort das keine direkte Entsprechung im Japanischen hat. Fuer Japaner, die jahrtausendelang Reis anstelle von Brot und Kartoffeln aßen, war das ja auch nicht notwendig.
Das ist etwas völlig anderes. Im vorigen Beispiel hast du ein sogenanntes Simplex betrachtet, aber "Brötchen" ist ja schon selbst ein komplexes Gebilde aus "Brot" und "chen". Die Japaner könnten so etwas ähnliches auch ohne Probleme bilden, etwa nach dem Motto "shoupan" ("kleines Brot"; spontane Erfindung, vielleicht gibt es das ja schon und bedeutet etwas anderes). Es gibt kein Hindernis für die Japaner, ein solches Wort zu erfinden, während Simplicia "einfach existieren" (historisch gesehen sind viele der heutigen Simplicia ja gar keine), da kommen üblicherweise vor allem durch Fremdwortimport neue hinzu. Der Grund dafür, daß sie existieren, ist aber nicht irgendeine höhere Bedeutsamkeit der bezeichneten Sache.

Ich glaube hier unterscheiden sich unsere Definitionen von einem "Begriff". Ich sehe das Wort "Broetchen" als einen eigenstaendigen Begriff an, weil es ein eigenstaendiges Phaenomen bezeichnet. Ein Broetchen bezeichnet eben nicht nur ein "kleines Brot" (das sich aus der Analyse der beiden Konstituenten ergibt), sondern auch eine andere Kategorie von "Backwaren". (Schon mal ein Bauernbrot-Broetchen gesehen? Ich jedenfalls nicht.)

Zitat:
(09.12.08 02:59)Lori schrieb:  Im Japanischen gibt es ein kleines Universum von Hoflichkeitsformen und Regeln der zwischenmenschlichen Kommunikation ("Kultur"), die es im Deutschen schlicht und einfach nicht gibt.
Als Beispiel bieten sich die Personalpronomen an:
Im Japanischen gibt es fuer "ich" die Woerter "ore", "boku", "watashi", "watakushi", "atashi", "atakushi", die den relativen Stand des Sprechers sowie seine soziale Position und sein Geschlecht preisgeben. "Ore" und "boku" sind zum Beispiel dezidiert "maennlich", waehrend "atashi" und "ataskushi" weiblich (und "jung") sind. "watashi" und "watakushi" sind geschlechtsneutral und hoeflich. "Ore" ist "rauh", unhoeflich. Und "atashi", "watakushi" sind - weil Frauensprache - sehr hoeflich.
Schon allein an dem Fehlen einer "unhoeflichen" Frauensprachenform fuer "ich", bzw. einer "hoeflichen" Maennersprachenform fuer "ich", laesst sich erkennen, dass Frauen im modernen Japan einen niedrigeren Stand haben als Maenner. Ausserdem sieht man auch, dass der "Stand" des Sprechers im Verhaeltnis zu seinem Gegenueber in Japan sehr viel wichtiger ist als in Deutschland (Betrachtet wird die Gegenwart).
So einfach kann man nicht folgern, 1:1- Vergleiche von Wörtern führen zu nicht viel. Auch das Deutsche kennt Ebenen unterschiedlicher Höflichkeit, nur schlagen sich diese eben anders nieder (z.B. im Konjunktiv, generell irrealen Ausdrucksformen, weiterhin auch in nichtverbalen Geschichten).
Ich will hier übrigens nicht sagen, daß Deutsche und Japanische Höflichkeit das Gleiche wären und sich nur anders ausdrücken würden, ich will nur sagen, daß diese Direktvergleiche wenig zielführend sind.

Ich weiss nicht, wie tief du in die japanische Sprache eingedrungen bist, aber du kannst das deutsche Hoeflichkeitsempfinden (und -system) wirklich nicht mit dem Japanischen vergleichen. In Komplexitaet, Wichtigkeit, Haeufigkeit von Hoeflichkeitssprache unterscheiden sich beide Sprachen sehr. Ich arbeite in Japan in einem Rathaus, ich weiss - schmerzlich - genau, wovon ich spreche.
(Ich bezeichne oben "watakushi" uebrigens einmal als Frauensprache und einmal als "neutral", das ist natuerlich Mist. Es muesste heissen: "Watakushi" ist neutral, wird aber, weil sehr hoeflich, haeufiger von Frauen benutzt.)

Zitat:So, ich hoffe, ich habe mir jetzt nicht direkt allzu viele Feinde gemacht grins
Grüße,
Herbert

Nah. Ich fuer meinen Teil freue mich, wenn jemand auf einem hohen Niveau mitdiskutieren kann. Nur so lerne ich noch etwas dazu zwinker

http://japanbeobachtungen.wordpress.com

13.03.09 01:50
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Herbert


Beiträge: 5
Beitrag #15
RE: Japanische Gedankengänge.
(13.03.09 01:50)Lori schrieb:  Aus sprachwissenschaftlicher Sicht hast du natuerlich recht. Morphologische und phonetische Aehnlichkeiten sind offensichtlich. Aus Sicht des (deutschen) Japanischlerners allerdings stellt sich Japanisch als "sehr fremd" dar, da es wirklich so gut wie keine Woerter gibt, die aus den europaeischen Sprachen bekannt sind (und selbst die meist englischen Lehnwoerter werden "japanisiert"), die Grammatik in vielerlei Hinsicht sehr verschieden ist (keine Unterscheidung zwischen Singular / Plural, maennlich / weiblich; keine Kasusflektion ...), uvm..
Du hast natürlich recht, daß der unbedarfte Fremdsprachenlerner Japanisch vermutlich als sehr fremdartig empfindet. Ein Grund mehr, da zumindest aus wissenschaftlicher Sicht entgegenzusteuern grins

(13.03.09 01:50)Lori schrieb:  Das interessiert mich jetzt: Beschreib' mir doch mal ein kulturell bedeutendes Phaenomen, fuer das kein Begriff existiert?
Du hast recht, daß es sich darum dreht, was man unter "Begriff" versteht. Versteht man darunter jegliche sprachliche Äußerung, dann wird die Geschichte trivial, weil natürlich alles Bedeutsame beschrieben werden kann. Fassen wir "Begriff" enger, bleibt immer das Problem der Willkürlichkeit: Wieso ist Struktur X noch ein "Begriff", aber Struktur Y nicht mehr?
Ich bin davon ausgegangen, daß du mit "Begriff" im Wesentlichen "das Wort" meinst, im Speziellen sogar das Simplex; sollte dem anders sein, bitte ich um Verzeihung. Wir kommen hier auch zu Problemen der Lexikographie: Ab wann ist ein Wort ein Wort (und als solches als Gemeingut zu betrachten? Verbreitung ist ja sein sehr willkürliches Kriterium)? Ich kann jedes erdenkliche Wort bilden, wenn ich will, möglicherweise verbreitet sich das dann sogar lokal. Wird dadurch die bezeichnete Sache "kulturell bedeutsamer"?
Mal ein Beispiel: Das Japanische kennt ja das Wort "aozora", was wir im Deutschen vermutlich einfach als "blauer Himmel" bezeichnen würden. Ist das jetzt im Japanischen irgendwie bedeutsamer, weil es ein zusammengesetztes Wort für etwas besitzt, wofür wir eine Beschreibung auf Basis mehrerer Wörter verwenden? Ich könnte im Deutschen dann auch einfach den "Blauhimmel" bilden, würde das etwas daran ändern?
Worauf ich letztlich nur hinauswill: Solchen Verknüpfungen von "Kultur" (was man darunter jetzt im Genauen auch verstehen mag) und "Sprache" lassen nicht ganz so einfach ziehen, da muß man sehr vorsichtig sein.

Noch am Rande: Das erinnert mich an die Geschichte mit den Wörtern für Schnee in den Eskimosprachen; diese sollen ja angeblich Unmengen davon besitzen. Bei genauerer Betrachtung ergab sich dann, daß man im Deutschen mehr Simplicia dafür kennt als in deren Sprachen. Ich bezweifle trotzdem, daß der Durchschnittsdeutsche deswegen eine größere Affinität zu Schnee besitzt als der Durchschnittseskimo hoho

(13.03.09 01:50)Lori schrieb:  Ich weiss nicht, wie tief du in die japanische Sprache eingedrungen bist, aber du kannst das deutsche Hoeflichkeitsempfinden (und -system) wirklich nicht mit dem Japanischen vergleichen. In Komplexitaet, Wichtigkeit, Haeufigkeit von Hoeflichkeitssprache unterscheiden sich beide Sprachen sehr. Ich arbeite in Japan in einem Rathaus, ich weiss - schmerzlich - genau, wovon ich spreche.
Ich bezweifle gar nicht, daß dein Keigo weit besser als meins ist grins
Was mich angeht, ich lerne gerade auf den JLPT1 hin und werde mich demnächst entscheiden, ob ich den neu eingeführten Test zur Jahresmitte versuchen werde oder auf den traditionellen Termin im Dezember setze. Insofern kann man sagen, daß mein Japanisch zumindest passabel ist, so daß ich bei den meisten Themen wenigstens mitreden kann, zumal ich in Sachen sprachwissenschaftlicher Beschäftigung da natürlich deutlich tiefer drinstecke - interessiert den JLPT leider nicht traurig

Ich hatte ja auch selbst geschrieben, daß ich gar nicht behaupten will, Deutsche und Japanische Höflichkeit seien irgendwie das Gleiche oder einander besonders ähnlich, ich wollte nur darauf hinweisen, daß man diesen Schluß trotzdem mit Vorsicht genießen sollte.
Keigo drückt nämlich Kategorien aus, die sich auch im Deutschen hier und da niederschlagen, man muß nur genauer hinschauen:
Nehmen wir zB eine Situation, in der Person A Person B bei irgendetwas helfen will. Ist Person B einfach der Kumpel von A, dann kann man ganz flapsig daherkommen mit einem "tetsudaou ka?" oder auch einem "Brauchste Hilfe?". Ist B dagegen eine Respektsperson, greift sowohl das Japanische als auch das Deutsche zu einer Strategie, diese zurücknehmende Höflichkeit zu beschreiben. Das Japanische verwendet den üblichen Keigo-Kram "tetsudawasete itadakemasen ka?" (ich hoffe, das stimmt so; ansonsten bin ich für Korrekturen dankbar), das Deutsch vielleicht zu soetwas wie "Dürfte ich Ihnen vielleicht helfen?". Das deutsche Beispiel ist jedenfalls auch nicht nur einfache Höflichkeit, da steckt schon mehr dahinter.
Damit will ich, wie gesagt, hier gar keinen Direktvergleich ziehen und behaupten, das entspreche einander exakt oder größtenteils, ich will nur darauf hinaus, daß man Grundzüge ähnlicher Strategien durchaus erkennen kann.

Grüße,
Herbert
13.03.09 14:46
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Bodo


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Beitrag #16
RE: Japanische Gedankengänge.
(07.12.08 11:51)zongoku schrieb:  Ich frag mich, wie Japaner ueberhaupt denken?
Dass sie nach Matrizzen, ihre Saetze bilden, ist schon lange gewusst.
Mal ignoranterweise nachgefragt: Welche Gestalt haben diese Matrizen - abgesehen von den in jeder Grammatik nachzulesenden Gegebenheiten der Syntax etc.?

Was meine persönlichen Spracherfahrungen anbelangt: Ich selbst kann wohl nach den gelernten Regeln Sätze bilden (wobei mir das Feedback durch einen Lehrer fehlt; aufgrund der Reaktionen meiner japanischen Chatpartner im Internet werde ich aber zumindest wohl verstanden - ist ja schon mal waszwinker), die allerdings über Satzgefüge aus Haupt- und Nebensatz in der Regel nicht hinausgehen - vielleicht ansonsten noch eine Aufzählung aufeinander folgender Ereignisse mit der "-te"-Form.
Allerdings fehlt mir das sichere Gefühl dafür, an welcher Stelle ich gerade bei solchen Aufzählungen mal einen "Punkt" machen sollte. Aber ich denke, auch bei Muttersprachlern dürfte die Satzlänge bis zum "Endverb" variieren.

Schwieriger als die nur wirklich nicht sehr formenreiche Grammatik (im Vergleich zu dem, was japanische Deutschlernende an grammatischen Details zu bewältigen haben) und Syntax, die in "mundgerechten" Einheiten auch "manageable" ist, finde ich die AUSDRUCKSWEISE bzw. Wortwahl.

Das fängt ja schon auf ganz elementarer Ebene an: Während ich "ein guter Freund" problemlos wörtlich als "a good friend", "un bon ami", "un buen amigo" etc. in andere europäische Sprachen übersetzen kann, heißt es auf Japanisch eben "NAKA no ii tomodachi" und nicht einfach "ii tomodachi" (wobei ich nicht weiß, ob Letzteres noch akzeptabel wäre, oder schon komisch klingt für japanische Ohren).
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 25.05.09 07:58 von Bodo.)
22.05.09 20:29
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gakusei


Beiträge: 495
Beitrag #17
RE: Japanische Gedankengänge.
Wollt nur mal kurz einen lustigen kleinen Denkfehler einer Japanerin anführen der zeigt, dass sich Japaner auch in ihren eigenen "japanischen Gedankengängen" manchmal nicht außkennen (zumindest zeitweilig wenn sie ein bisschen ぼけてる sind)
In der Show 英語でしゃべらナイト schenkt das Mädel einer Amerikanerin Blumen die sie selbst ausgesucht hat, mit dem Hinweis "I chose for you from the water!" ... Auf verduztes nachfragen kam dann die Antwort "みずからって・・・"... Hab mich schlappgegrinst hoho (hier bei 25:20)
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 22.05.09 23:57 von gakusei.)
22.05.09 23:18
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Bodo


Beiträge: 58
Beitrag #18
RE: Japanische Gedankengänge.
Das erinnert mich an ein anderes Beispiel, wo gleichlautende Wörter im Japanischen zu einer falschen Wortwahl im Englischen führten:

In der bei YouTube wegen "Copyright claims" nicht mehr zu sehenden Serie "Funniest English" befragte ein in Japan lebender Amerikaner Passanten nach bestimmten peinlichen Erlebnissen u. ä., die sie zuerst auf Japanisch schildern sollten. Anschließend hieß es "And now in English please" - wobei es eine Leistung war, wenn eine angesprochene Person (und dabei handelte es sich durchweg um junge Leute, deren schulischer Englischunterricht also noch nicht so lange zurücklag) über den Satzanfang "I ..." hinauskam (vielleicht hat man aber nur die sprachunbegabtesten Fälle für die Serie ausgewählt).

In einem Beispiel wurden zwei Girlies mit blonden Strähnchen angesprochen, von denen die eine erzählte, wie sie ihr frisch gekauftes Auto binnen kürzester Zeit zu Schrott gefahren hätte. Auf Japanisch verwendete sie den Ausdruck "廃車にする" (haisha ni suru) und erkundigte sich, als sie dasselbe auf Englisch sagen sollte, bei ihrer Freundin, was "haisha" auf Englisch hieße.

Die Antwort: "DENTIST".hoho

Eine weitere Sternstunde des Japano-Englischen in dieser Serie war der (grammatikalisch zwar einwandfreie und immerhin vollständige, aber leider nicht DEM SINN entsprechende) Satz:

"I was drinking my girlfriend." hoho (Gemeint war: Ich war mit meiner Freundin einen trinken.)
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 23.05.09 13:06 von Bodo.)
23.05.09 13:05
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sora-no-iro
Ex-Moderator

Beiträge: 1.208
Beitrag #19
RE: Japanische Gedankengänge.
@Bodo
Deine Beiträge interessieren mich sehr.

>Die Antwort: "DENTIST".
歯医者!hoho
Dann sage ich "歯医者復活戦".
(Was für ein Kampf ist das??)huch

Denn zur Verödung unseres modernen Lebens gehört es, daß wir alles fix und fertig ins Haus und zum Gebrauch bekommen, wie aus häßlichen Zauberapparaten.
Elias Canetti: Die Stimmen von Marrakesch
25.05.09 05:36
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Bodo


Beiträge: 58
Beitrag #20
RE: Japanische Gedankengänge.
(25.05.09 05:36)sora-no-iro schrieb:  Dann sage ich "歯医者復活戦".
(Was für ein Kampf ist das??)huch
Willst du uns jetzt testen?zwinker

"Kampf der Zahnärzte für den Wiederaufstieg"?kratz Was soll das heißen? Sind Zahnärzte gemeint, die zu schlecht verdienen?
25.05.09 07:56
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Japanische Gedankengänge.
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