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japanisch für nerds
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MichaelR


Beiträge: 146
Beitrag #21
RE: japanisch für nerds
Danke für den linguistischen Ausflug.

Zitat:Also wenn man auf Teufel komm raus Sachen zeigen will, kann man problemlos die dazu notwendigen Beispielsätze konstruieren.

Aber dem alltäglichen Sprachgebrauch entspricht es dann nicht mehr unbedingt und der Anfänger bleibt lieber beim Einfachen.

Zitat:Wenn man will, kann man konstruiert möglichst viele "kritikwürdige" Punkte in einen Satz einbauen. Das ändert aber nichts daran, daß es sich lediglich um einzelne Erscheinungen neben vielen anderen Möglichkeiten handelt, diese Sachen kommen also nicht obligatorisch in deutschen Sätzen vor.

Die deutsche Sprache kritisieren? Wo kämen wir den da hin. Seit Goethe ist sie doch perfekt. Damit sind wir doch wieder bei der (relativ) freien Worstellung die due vorher so schön herunter spielst.

Aber zurück zur Sache:

Die Kernaussage des Zitats von Asodeska ist, daß es auch andere interessante Möglichkeiten gibt die wesentlichen Unterschiede zwischen Sprachen zu erläutern und sie dem Lernendem nahe zu bringen.
Mein Beispiel zeigt wie man es einem technisch/mathematisch gebildeten Menschen erklären würde. In diesem Wissenkontext sind Begriffe wie "Stack" oder "umgekehrte polnische Notation" wesentlich eingängigere Analogien als "Rektum vor Regens" das außerhalb der Linguistik niemand versteht.
Einer der größten Fehler die (vor allem deutsche: Anmerkung: Ich liebe die Bücher von Naoko Chino. ) Grammatikbücher machen ist die exzessive Verwendung von Fachsprache und das insistieren auf fachlicher Rigorosität. Damit verlieren gerade Anfänger den Zugang zur Grammatik. Um diesem Kritikpunkt and den gängigen Lehrbüchern zu unterfüttern ein paar Beispiele aus meiner eigene Erfahrung.

Als ich vor mehr als 10 Jahren den ersten Anlauf unternommen habe japanisch zu lernen bin ich in eine ganze Reihe von Fallen gelaufen, die mir sehr viel Frustration bereitet haben.

1) Kaum ein Lehrbuch erwähnt das "Rektum vor Regens" Prinzip ohne das man komplexe Sätze kaum versteht. Auch ist es gerade am Anfang ja durchaus sinnvoll sich an diesem Prinzip festzuhalten, denn die so gebildeten Sätze sind verständlich.

2) Ich habe noch kein Lehrbuch gesehen das darlegt, das die japanische Verb Morphologie einem anderen Zweck dient als die Deutsche. Die Deutsche Konjugation bildet den zeitlichen Ablauf der Handlung und stellt den Bezug zur handelden Person her (nicht mehr so schön wie im alten Latein zwar ...) Die japanische Verb Morphologie beinhaltet ein ganzes Spektrum von semantischen Modifikatoren, man hört nie auf die Nuance zu lernen.

3) Ich habe verzweifelt nach japanische Equivalenten der deutschen Verben des Fühlen und Denkens gesucht ... und erst viel später bemerkt daß daß Japanische ganz andere Methoden besitzt dies auszudrücken.

Kurzum, das didaktische Prinzip kommt viel zu kurz wenn in eine Sprache wie das japanische eingeführt wird, die ein so radikal andere Gramatik besitzt. In diesem Sinne sind Anekdoten wie die von Asodeska äußerst hilfreich. Wer sich hier mit dem Gedanken auseinander setzt einmal Japanisch zu lehren sollte möglichst viele davon bereithalten um mit dem frustrierenden Element der japanischen Grammatik bei den Schülern umzugehen.

~物理学者が出来ない事はない~
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 12.04.04 17:15 von MichaelR.)
12.04.04 17:11
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Datenshi


Beiträge: 819
Beitrag #22
RE: japanisch für nerds
Zitat:Aber dem alltäglichen Sprachgebrauch entspricht es dann nicht mehr unbedingt und der Anfänger bleibt lieber beim Einfachen.
Ich meinte eher deinen dt. Satz, der nur darauf ausgelegt war, so Sachen wie die "Umkehrung der Aussagenlogik" oder halt jenes "es" anzuprangern. Dabei könnte man den selben Inhalt in anderer Form ebenfalls ausdrücken - ohne daß der Satz dabei seine Natürlichkeit verlieren muß. Dann wäre aber natürlich deine Argumentationsgrundlage plötzlich weg... ^_~

Zitat:Damit sind wir doch wieder bei der (relativ) freien Worstellung die due vorher so schön herunter spielst.
Ok, dann nenn mir mal einen dt. Satz, bei dem du willkürlich die Wortreihenfolge ändern kannst, ohne dabei den Sinn bzw. die Nuancen der Aussage zu verfälschen. Allein schon der Unterschied hinsichtlich der Wortreihenfolge bei Aussage- vs Fragesätzen sollte einem schon zeigen, daß diese Freiheit im Dt. arg eingeschränkt ist.

Sicher können Parallelen helfen, aber ob man fit auf dem Gebiet des Programmierens oder der formalen Logik oder der Linguistik oder sonstwas sein muß, macht keinen Unterschied. Der Durchschnittsbürger kann vielleicht weder was mit stack noch mit Rektum (oha... vielleicht aber in seiner Bedeutung als lat. Nomen ^^) anfangen, in beiden Fällen bestünde also Klärungsbedarf. Aber ein kurzes "Bestimmtes vor Bestimmenden" sollte eigtl. jedem zugänglich sein.

Zitat:1) Kaum ein Lehrbuch erwähnt das "Rektum vor Regens" Prinzip ohne das man komplexe Sätze kaum versteht. Auch ist es gerade am Anfang ja durchaus sinnvoll sich an diesem Prinzip festzuhalten, denn die so gebildeten Sätze sind verständlich.
Auch Sätze, die diesem Prinzip wiedersprechen, sind im Allgemeinen ohne weiteres verständlich. Wie man an den beiden kurzen Bspsätzen aus meinem letzten Post sehen kann. Und wer behauptet will, daß derartige Sätze unnatürlich wären oder die Ausnahme darstellen, der sollte sich vielleicht mal von seinen Büchern lösen und ins kalte Wasser Japans springen.

Zitat:2) Ich habe noch kein Lehrbuch gesehen das darlegt, das die japanische Verb Morphologie einem anderen Zweck dient als die Deutsche. Die Deutsche Konjugation bildet den zeitlichen Ablauf der Handlung und stellt den Bezug zur handelden Person her (nicht mehr so schön wie im alten Latein zwar ...) Die japanische Verb Morphologie beinhaltet ein ganzes Spektrum von semantischen Modifikatoren, man hört nie auf die Nuance zu lernen.
Bin mir nicht sicher, ob ich da an die selben Sachen denke wie du... könntest du das etwas konkretisieren, vielleicht ein Beispiel oder so angeben? Danke.

Worauf ich auch eigtl. nur hinauswollte: 1) Das mit der Umkehrung der Auslogenlogik ist konstruiert, in beiden Sprachen kann man beide Möglichkeiten realisieren. Auch ohne dabei in einen unnatürlichen Sprachgebrauch abzurutschen. 2) Die Reihenfolge "Attribute - Operator" bzw "Argumente - Prädikat" wird man in vielen Sätzen zwar als parallel zur Wortreihenfolge vorfinden, aber das ist nur eine Variante. Diese Parallelität existiert genauso oft wie sie nicht vorzufinden ist. Siehe das Bsp. am Ende meines letzten Postings oder einem Großteil adnominaler Phrasen (als Bsp. die Phrase 昨日飲んだビール, biiru ist semantischlogisches Komplement zu nonda, welches vor ihm steht... also "nom-(___,biiru)" nur für den Teil des Prädikats) etc.

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13.04.04 03:45
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Trancing Pony


Beiträge: 1
Beitrag #23
RE: japanisch für nerds
Das shirt paßt irgendwie auch ganz gut cool
[Bild: binary-people.jpg]

Mal im Ernst, man kann zwar durch Theorie die logischen Verknüpfungen, die in jeder Sprache stecken verstehen, aber das sagt noch lange nichts über den Sinn eines Satzes aus. Die Harmonie und jegliche Nuancen in einer lebendigen Sprache kann man nicht durch Lernschemen a la 0 und 1 verinnerlichen. Jeder Mensch spricht seine eigene Sprache und jeder Mensch trägt dazu bei, das seine Muttersprache ein bisschen gedeiht und berreichert wird.
Was ich damit sagen will ist, das man erst dann wirklich spricht, wenn das Gefühl und die Intuition die Führung übernehmen.
Denn die Sprache ist ohne sie nur eine farblose Verpackung.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 13.04.04 15:43 von Trancing Pony.)
13.04.04 15:41
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Datenshi


Beiträge: 819
Beitrag #24
RE: japanisch für nerds
Haha, das Shirt ist echt nett... oder eher der Spruch darauf. ^_^

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13.04.04 15:59
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japanisch für nerds
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