Beitrag #2
RE: Unterschiede in der Fernsehwerbung
Zu der Sache mit der Schrift habe ich eine Theorie.
Zum einen ist es in Japan ja auch z. B. in Nachrichtensendungen u. ä. absolut üblich, die Kernaussage dessen, was der Sprecher vorträgt, als Quasi-Untertitel mit einzublenden. Das soll daher rühren, daß so Miß- oder Unverständnisse vermieden werden können, denn gerade in Nachrichtensendungen kommen die Zuschauer ja oft mit bestimmten Dingen in Berührung, von denen sie noch nicht viel oder gar nichts gehört haben (sonst wären es ja keine "News"), und dazu ist es eben auch nötig, Begriffe (Namen, Fachtermini etc.) zu verwenden, die nicht unbedingt jedem geläufig sind. Damit es nun dem Zuschauer erleichtert wird, zu verstehen, worum es geht, steht das Wichtigste noch einmal als Untertitel dabei - so kann man z. B. anhand der Bedeutungen der Kanji eines unbekannten Wortes begreifen, was gemeint ist, auch wenn man dieses Wort noch nie gehört hat und es demzufolge vom bloßen Hören her auch nicht verstehen würde. Und da die Werbung ja auch oft neue, bisher unbekannte Sachen anpreist, ist es natürlich auch da sinnvoll, das Ganze zu untertiteln.
Zum anderen ist das aber auch einfach ein werbe-psychologischer Trick. Denn die Lernpsychologie hat ja bewiesen, daß sich Informationen umso besser im Gedächtnis festsetzen, über je mehr "Eingangskanäle" sie empfangen werden. Wenn ich etwas nur höre, merke ich es mir weniger gut, als wenn ich es höre und sehe. (Noch besser wäre es, wenn ich es auch noch anfassen und riechen könnte - aber soweit ist die TV-Technik ja noch nicht...) Das heißt: Wenn ich als Werbe-Macher ein Interesse daran habe, daß beim Zuschauer etwas von der Information über das Produkt "hängenbleibt", dann muß ich also versuchen, so viele Wege der Informationsübermittlung wie möglich zu nutzen. Und neben der akustischen und der bloßen bildlichen Präsentation des Produktes bietet es sich dann eben auch an, auch noch die Schrift zu nutzen.
Allerdings ist das - gerade bei der Werbung - kein Japan-spezifisches Phänomen. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie es mir in deutscher Fernsehwerbung zum ersten Mal aufgefallen ist, daß die Spots zunehmend mehr mit Geschriebenem ausgestattet werden... das muß jetzt so etwa 5 oder 6 Jahre her sein. Vorher gab es das kaum, aber seitdem ist es auch in Deutschland absolut üblich, Spots mit Geschriebenem zu versehen... Manche Spots (gerade z. B. aus der Automobilbranche) bestehen nur aus einem Wechsel von visueller Präsentation des Produktes und Schrifttafeln - ohne jedes gesprochene Wort (das einzige Hörbare in der ganzen Werbung besteht im Geräusch des Zufallens der Autotür am Schluß des Spots). Das ist ein Extrembeispiel, aber wenn man mal darauf achtet, wird man leicht sehen können, daß heutzutage auch in Deutschland fast jeder Werbespot mehr oder weniger stark mit Schrift arbeitet.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 02.09.04 07:55 von Botchan.)
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