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100-Jährige in Japan
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Hachiko
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Beitrag #11
RE: 100-Jährige in Japan
(24.09.15 09:32)Woa de Lodela schrieb:  Und am Ende erwartet einen doch nur das ewige Nichts, und es ist egal, wie lange man gelebt hat. Schon komisch, oder?

So ganz egal scheint es den Menschen aber nicht zu sein, ansonsten würden sie nicht unter oft widrigsten Umständen wie Krieg, Karenzzeiten,
schwere Krankheit usw.usw. so krampfhaft am irdischen Dasein festhalten.
24.09.15 11:33
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Woa de Lodela


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Beitrag #12
RE: 100-Jährige in Japan
(24.09.15 11:33)Hachiko schrieb:  So ganz egal scheint es den Menschen aber nicht zu sein, ansonsten würden sie nicht unter oft widrigsten Umständen wie Krieg, Karenzzeiten,
schwere Krankheit usw.usw. so krampfhaft am irdischen Dasein festhalten.

Das ist klar. Aber man fragt sich schon, warum eigentlich? Das ewige Nichts unter vollständiger Auslöschung der Persönlichkeit ist ja doch unvermeidbar. Schon komisch, das Leben.
24.09.15 20:36
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Firithfenion


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Beitrag #13
RE: 100-Jährige in Japan
(24.09.15 20:36)Woa de Lodela schrieb:  
(24.09.15 11:33)Hachiko schrieb:  So ganz egal scheint es den Menschen aber nicht zu sein, ansonsten würden sie nicht unter oft widrigsten Umständen wie Krieg, Karenzzeiten,
schwere Krankheit usw.usw. so krampfhaft am irdischen Dasein festhalten.

Das ist klar. Aber man fragt sich schon, warum eigentlich? Das ewige Nichts unter vollständiger Auslöschung der Persönlichkeit ist ja doch unvermeidbar. Schon komisch, das Leben.

Eigentlich ist es doch ganz logisch. Jede Spezies die lebt, muss am Leben hängen und den Tod fürchten, das ist doch ein zwangsläufiges Ergebnis der Evolution. Eine Spezies die sich nichts aus dem eigenen Leben macht, wird rasch vom Erdboden verschwinden. Es kann zwar einzelne Ausnahmen geben, Individuen die weniger Furcht vor dem Tod empfinden als die Mehrheit ihrer Art. Das ist durchaus wünschenswert, denn diese Individuen können dann als sogenannte Helden gefährliche Aufgaben übernehmen, wobei ich persönlich den Eindruck habe, das Heldenmut oftmals nichts anderes als Ignoranz und mangelndes Vorstellungsvermögen ist, das einen davon abhält die möglichen Konsequenzen des eigenen Tuns abzuschätzen. Wie dem auch sei, in der Masse jedoch muss immer die Lebenserhaltung und der Erhalt der Nachkommenschaft ein Grundbedürfnis darstellen, alles andere wäre doch paradox.

Kurz gesagt, die Evolution hat uns so programmiert das wir in der Mehrheit den Tod fürchten und Leben wollen, obwohl ich mit zunehmendem Alter das Gefühl habe, das wir nicht wirklich Angst vor dem Tod haben müssen. Ich hatte vor einiger Zeit mal sehr heftige unerklärliche Kopfschmerzen. Die wurden immer heftiger und plötzlich hatte ich das Gefühl das mir jeden Augenblick die Sinne schwinden würden. Für ein paar Sekunden stellte ich mir vor was wäre wenn es jetzt vorbei wäre? Der Zeitpunkt wäre zwar noch etwas früh und ich hätte ihn als durchaus unpassend empfunden (das wird wohl immer der Fall sein) aber ich verspürte keinerlei Furcht. Im Gegenteil. Ich fand die Vorstellung sogar noch ein wenig witzig. Dann bräuchte ich morgen früh nicht aufzustehen und ich bräuchte nie mehr zur Arbeit und hätte dafür die beste Entschuldigung von der Welt stellte ich mir vor. Der Gedanke an die dummen Gesichter der Arbeitskollegen wenn ich - sonst ein Synonym für Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit - plötzlich nicht zur Arbeit erscheinen würde erheiterte micht. Keine Pflichten mehr - Never! Wär das so schlecht?

Ich sehne den Tod nicht herbei, aber ich glaube auch nicht das da irgendetwas gruseliges dabei ist wovor man sich fürchten muss.

Ausserdem muss man sich vergegenwärtigen, das unser Bewusstsein ohnehin nur eine Illusion ist. Wenn aber unser Bewusstsein eine Illusion ist, dann muss auch der Tod eine Illusion sein.

Unser Bewusstsein gaukelt uns vor, wir wären ein Ich, eine Entität. In Wirklichkeit bin ich doch eher eine Kolonie, ein Staat von Abermillionen Zellen, die vor Äonen mal festgestellt haben, das es besser ist mehrzellige Verbände zu bilden anstatt auf ewig als eigenbrötlerische Einzeller im Urozean herum zu schwimmen. Nur im Kollektivverband konnte man es auch aus dem Ozean ans Land schaffen. Mein Bewusstsein ist also bestenfalls ein Kollektivbewusstsein.

Wenn wir die Stoffwechselvorgänge im Körper berücksichtigen, dann muss man ausserdem feststellen, das wir in ständiger Wandlung begriffen sind. Die Atome und Moleküle aus denen ich vor 20 Jahren bestand, sind heute schon wieder ganz woanders. Ich glaube mich zu erinnern gelesen zu haben, das alle Moleküle unseres Körpers ungefähr alle 7 Jahre komplett ausgetauscht sind. Die Materie, aus der ich als Teenager bestand, ist eine ganz andere als die aus der ich heute bestehe auch wenn manches an der Form ähnlich geblieben ist, so wie das Nachfolgemodell eines Autos ähnlich, aber nicht identisch ist.

Nicht nur unser Bewusstsein ist wohl eine Illusion, sondern wahrscheinlich sind auch Raum und Zeit eine Illusion. Vielleicht ist sogar die Realität eine Illusion. Es gibt also keinen Grund, sich dem Tod so defätistisch und pessimistisch zu nähern. Haben wir etwas zu verlieren? In Monthy Pythons "Life of Brian" wurde diese Frage ganz vorzüglich beantwortet:
"You come from nothing and you go to nothing. So.. what have you lost?! Nothing!!

Truth sounds like hate to those who hate truth
25.09.15 18:00
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Nia


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Beitrag #14
RE: 100-Jährige in Japan
Wie sieht das eigentlich mit Altersheimen aus in Japan? Gibt es so etwas? Oder wird es noch komplett en famille geregelt?

“A poet is a musician who can't sing.”
― Patrick Rothfuss, The Name of the Wind
25.09.15 19:49
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nokoribetsu


Beiträge: 232
Beitrag #15
RE: 100-Jährige in Japan
@ Nia: Gibt es, aber die Qualität der Pflegeeinrichtungen scheint bisweilen fragwürdig:

http://www.japantoday.com/category/crime...d-resident
http://www.japantoday.com/category/crime...wice-on-ma

Oft aber stehen die Familien mit dem Problem der Pflege von Angehörigen allein da:

http://www.japantoday.com/category/crime...old-father
http://www.japantoday.com/category/crime...for-a-year

「からだの傷なら なおせるけれど
心のいたでは いやせはしない」
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 26.09.15 13:16 von nokoribetsu.)
26.09.15 13:12
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Nia


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Beitrag #16
RE: 100-Jährige in Japan
Also im Grunde nicht sehr anders, als bei uns. Danke.

“A poet is a musician who can't sing.”
― Patrick Rothfuss, The Name of the Wind
26.09.15 18:37
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Woa de Lodela


Beiträge: 1.539
Beitrag #17
RE: 100-Jährige in Japan
Schön geschrieben, Firithfenion. Natürlich wäre es sinnlos, wenn Leben nicht leben wollte. Deshalb MUSS sterben unangenehm sein (obwohl es das natürlich auch gar nicht immer ist). Angst vor dem Tod habe ich auch nicht. Schließlich war ich es ja schon mal, und zwar vor meiner Zeugung. Auch eine Ewigkeit. Ich "kenne" das also schon. hoho Schlimmer fände ich Wiedergeburt, noch mal Schule usw. Nein, danke.
26.09.15 19:06
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Firithfenion


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Beitrag #18
RE: 100-Jährige in Japan
(26.09.15 19:06)Woa de Lodela schrieb:  Schön geschrieben, Firithfenion. Natürlich wäre es sinnlos, wenn Leben nicht leben wollte. Deshalb MUSS sterben unangenehm sein (obwohl es das natürlich auch gar nicht immer ist). Angst vor dem Tod habe ich auch nicht. Schließlich war ich es ja schon mal, und zwar vor meiner Zeugung. Auch eine Ewigkeit. Ich "kenne" das also schon. hoho Schlimmer fände ich Wiedergeburt, noch mal Schule usw. Nein, danke.

Der Weg zum Tod kann manchmal beschwerlich sein, durch Unfälle, Verletzungen, Krankheiten usw, aber der Tod selber braucht nicht unangenehm zu sein, wir müssen ihn nur fürchten und meiden das ist uns wahrscheinlich so einprogrammiert.

Als Kind habe ich einen Science Fiction Roman von Stanislaw Lem gelesen und in diesem kam genau dieser Gedanke darin vor. Ein Ausserirdischer meinte, das er es sehr seltsam fände, das die Menschen so traurig werden, wenn sie daran denken das sie nach ihrem Tode nicht mehr da sind. Sie werden aber nicht traurig, wenn sie daran denken das sie vor ihrem Tode ja auch nicht da waren. Ich erinnere mich, das ich über die Richtigkeit dieser Aussage verblüfft war und das Buch erstmal weglegte, weil ich eine Weile darüber nachdenken musste. In der Tat - wir kennen das doch schon! Und war es schlimm? Nö.

Es liegt wohl daran, das man sich an das Leben so verdammt gewöhnen kann und das den meisten Menschen das Abschiednehmen schwer fällt. Es ist wie bei einem schönen Urlaub der zu Ende geht. Wenn man dann am letzten Abend gemeinsam mit den anderen netten Menschen, die man im Urlaub kennen gelernt hat und die man nun wahrscheinlich nicht mehr wieder sehen wird, zusammen sitzt, dann wird einem oft ganz traurig und melancholisch ums Herz, obwohl ja nichts schlimmes passiert ausser das die schöne Zeit vorbei ist und man wieder in den Alltag zurück kehren muss.

Wahrscheinlich ist auch unsere Vorstellung falsch, uns als etwas separates aufzufassen. Wir sind eins mit dem Universum egal in welcher Form. Jostein Gaarder hat das in seinem Buch "Das Kartengeheimnis" sehr schön ausgedrückt: "Wenn wir zum Sternenhimmel empor schauen dann SIND wir das Universum das sich selbst betrachtet" (Gedächtniszitat). Anders ausgedrückt: Das Leben und das Bewusstsein ist vielleicht der Versuch des Universums sich selbst zu erkennen und sich selbst erschauen zu können.

Ein ähnlicher Gedanke findet sich auch in einem Video des Youtube Atheisten Philhellenes
It's like the universe screams in your face: "do you know what I am, how grand I am, how old I am? Can you even comprehend what I am? What are you compared to me?" And when you know enough science you can just smile up at the universe and reply: "Dude - I AM YOU!"

Science saved my soul - by Philhellenes

Truth sounds like hate to those who hate truth
26.09.15 21:37
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Nia


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Beitrag #19
RE: 100-Jährige in Japan
Zitat:Jostein Gaarder hat das in seinem Buch "Das Kartengeheimnis" sehr schön ausgedrückt

Ein sehr schönes Buch. Danke fürs Erinnern an dieses Buch. Habe lange nicht mehr daran gedacht. Vom Inhalt habe ich wohl das Meißte vergessen, aber es war ein kleines; zum Nachdenken anregendes Wunderwerk.

“A poet is a musician who can't sing.”
― Patrick Rothfuss, The Name of the Wind
26.09.15 21:45
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Firithfenion


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Beitrag #20
RE: 100-Jährige in Japan
(26.09.15 21:45)Nia schrieb:  
Zitat:Jostein Gaarder hat das in seinem Buch "Das Kartengeheimnis" sehr schön ausgedrückt

Ein sehr schönes Buch. Danke fürs Erinnern an dieses Buch. Habe lange nicht mehr daran gedacht. Vom Inhalt habe ich wohl das Meißte vergessen, aber es war ein kleines; zum Nachdenken anregendes Wunderwerk.

Ja, ein interessantes Buch. Ich hatte es mir gekauft weil mir Sofies Welt so gut gefallen hatte, das ja seinerzeit in aller Munde war.

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26.09.15 23:03
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100-Jährige in Japan
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