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Begräbnis und Würdigung der Toten
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Ex-Mitglied (bikkuri)
Gast

 
Beitrag #21
RE: Begräbnis und Würdigung der Toten
Ob der Anspruch gesetzlich geregelt ist, weiß ich nicht. M.E. leitet sich dieser vom Anspruch auf Kostenersattung der Bestattung durch das Sozialamt ab. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass in Einzelfällen gegen ein Einzelgrab entschieden wird. Da das Bestattungrecht in den Ländern unterschiedlich geregelt ist, sind auch die Praktiken anders. Zudem wird es auch von der Religionszugehörigkeit und der Gemeindeverwaltung abhängen.
Vielleicht mal im Bestattungsgesetz etc. nachsehen.
21.01.09 06:35
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yamaneko


Beiträge: 3.687
Beitrag #22
RE: Begräbnis und Würdigung der Toten
ich habe zwei Armengräber in Wien - Zentralfriedhof gekannt, die inzwischen aber wieder verschwunden sind.
Das Recht auf ein Grab besteht für Mittellose für zehn Jahre, dann verschwinden die Namensschilder.
Irgendwann wird dort neu belegt.
Eines der beiden Gräber wollte ich pflegen, aus Protest, weil die Tote in einem
Nachruf in der Studentenzeitung als "komische Alte" bezeichnet worden war -
das wurde zwar abgeschwäscht, denn eigentlich sei sie ja recht nett gewesen.
Als Seniorenstudentin, die ich damals war, hat mich das interessiert.
Die Verstorbene habe ich nicht gekannt, aber sie war 15 Jahre jünger, als ich damals war.
Meine Blumen wurden bei der "Pflege" der Anlage durch die Friedhofsgärtnerei wie Unkraut behandelt
und abgemäht.

Das zweite Grab wurde besser gepfllegt und durfte die Blumen behalten. (Nehme an mit Trinkgeld)
Das war von einem "Ehebrecher" , dessen Frau sich nicht hatte scheiden lassen
(damals stammte das Scheidungsrecht noch aus dem faschistischen Österreich.
Es war nach 1945 wieder in Kraft gesetzt worden und hat lange gehalten - bis zu
einer sozialistischen Alleinregierung unter Kreisky).
Die betrogene Gattin hat zwar über ein Familiengrab verfügt, aber die Betattung
auf dem Armenfriedhof durchgesetzt. Die Lebensgefährten durfte ihn nicht bestatten lassen,
obwohl sie den Mann sehr lange gepflegt hatte. Sie hat mir die Lebensgeschichte erzählt,
die hier im Forum sicher OT ist. Vielleicht aber doch zum Thema paßt.
Wie ich begraben werden möchte wissen meine Erben und die Sorge der oder des Micha,
daß fremde Menschen kommen könnten, haben ich nicht. Die Sehnsucht nach einem
Begräbnis in Japan als Thema im Japanisch Netzwerk hat jedenfalls mehr Echo gefunden
als ich erwartet hätte.
Edit: der Zeilenumbruch sollte verbessert werden.

(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 21.01.09 11:55 von yamaneko.)
21.01.09 11:47
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Bitfresser


Beiträge: 1.702
Beitrag #23
RE: Begräbnis und Würdigung der Toten
Bikkuris Beitrag hat mich nachdenklich gemacht.

Gemäß §1968 BGB haben grundsätzlich die Erben die Bestattung zu übernehmen. Wer Erbe ist, bestimmt das Testament - wenn keins da ist, halt das Gesetz. Die (meisten oder alle?) Ländergesetze bestimmen, dass die Bestattung durch nahe Verwante durchzuführen ist, die aber das Geld dann von den eigentlichen Erben zurückfordern können. Problematisch hierbei, kein Erbe da (weil beispielsweise ausgeschlagen) --> Verwante bleiben auf den Kosten sitzen. Nach §15 BSHG hat das Sozialamt bei Unzumutbarkeit für die Verpflichteten die ERFORDERLICHEN Kosten zu tragen.

Daraus lese ich nicht nur grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Kostenübernahme bei Mittellosigkeit sondern auch einen Rechtsanspruch auf eine angemessene Bestattung.

Fraglich ist nur, was unter angemessen zu verstehen ist. Da kommt Art.1 I GG in Frage: "Die Würde des Menschen ist unantastbar". Massengräber würde ich als besonders würdelos bezeichnen, gerade weil sie in der Vergangenheit dazu verwendet wurden Menschen auf billige und schnelle Weise einfach zu verschachern.

Für mich stellt sich nur die Frage, ab wann die Würde des Menschen bei seiner Beerdigung verletzt wird. Man nehme nur den Fall eines nachtragenden Sohnes, der zwar die Kosten übernimmt, aber seinen Vater partout nur in einem absolut notwendigen Grab verschachern möchte. Bis wohin muss er gehen. Die Frage können aber andere beantworten.

If you have further questions ...
21.01.09 15:10
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Zelli


Beiträge: 382
Beitrag #24
RE: Begräbnis und Würdigung der Toten
(21.01.09 11:47)yamaneko schrieb:Wien - Zentralfriedhof

Es lebe der Zentralfriedhof!
21.01.09 21:17
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Anime-fan


Beiträge: 129
Beitrag #25
RE: Begräbnis und Würdigung der Toten
Abend,

so wie das Yamaneko angeschnitten, sind es auch meine Befürchtungen. Gut ich habe mit 25 ja noch viel Zeit alles vorher zu regeln. Ich erinnere mich da an ein rüstige alte Dame (88) - eine gute Freundin unserer Familie - , die selbst bis zu letzt mit ihrem Auto regelmäßig geblitzt wurde. Und da sag ma einer, die schleichen immer hoho. Die rüstige Dame hat ihre Beerdigung samt Kosten bereits zu Lebzeiten geregelt und komplett bezahlt.

Was das Thema angeht, so sind da viele Gemeinden u Kommunen nur darauf aus, Geld zu sparen. In unserer kapitalistischen Gesellschaft hat (sehr oft) nur noch unser Geld den Vorrang. Von Menschenwürde u.ä. ist da oft nichts zu sehen.
(21.01.09 15:10)Bitfresser schrieb:Nach §15 BSHG hat das Sozialamt bei Unzumutbarkeit für die Verpflichteten die ERFORDERLICHEN Kosten zu tragen.
Gerade hier streuben sich die allermeisten Ämter. Es ist alles recht, solange es auch umsonst oder "entsprechend" billig ist. Da sind solche Massengräber doch überaus praktisch. Der Einzelne, oder auch Hinterbliebene, bleibt dann eh außen vor. Entweder ist er ruhig oder ihm werden die Kosten aufgebrummt traurig.

Ich finde die Resonanz zu diesem Thema hier sehr gut. Es zeigt, daß es den meisten doch nicht egal ist, wie sie begraben werden. Wer sich damit zu Lebzeiten mal beschäftigt - auch intensiver - , der kann sich da auch besser einfühlen und verstehen.

Selbst in meinem Bekannten- u Freundeskreis ist es so ziemlich allen egal, ob Urne, Sarg, Massengrab oder Familiengrab.

Die schlechten Dinge werden in der heutigen Gesellschaft gerne verdrängt. Zumindest habe ich den Eindruck dabei.

Wie ist es mit diesem Thema eigentlich in Japan bestellt? Ist es ähnlich wie hier, daß man sich überhaupt nicht oder nur widerwillig, damit befaßt?

Gruß Micha

いっぺん死んで見る?
21.01.09 21:29
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yamaneko


Beiträge: 3.687
Beitrag #26
RE: Begräbnis und Würdigung der Toten
(21.01.09 21:17)Zelli schrieb:Es lebe der Zentralfriedhof!
jetzt sehe ich endlich, wie man einen Link zitiert
Aber wie Deutsche das verstehen sollen, was der Ambros singt?
Warum das in unser Forum paßt: Japaner ehren dort die Toten - es sind immer Riesengruppen mit Reiseleitern anzutreffen. Die Musikergräber stehen in den japanischen Reiseführern. grins zwinker

(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 22.01.09 03:53 von yamaneko.)
22.01.09 03:32
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Sasha Twen


Beiträge: 153
Beitrag #27
RE: Begräbnis und Würdigung der Toten
Allen, die sich für japanische Beerdigungen interessieren, empfehle ich die Gesellschaftssatire "Osoushiki" ("Die Bestattung") von Itami Jūzō. Gibt es mit engl. Untertiteln auf DVD zu kaufen.

Wer den Film gesehen hat, wird erkennen, dass es auch in Japan mit "Respekt" gegenüber den Toten nicht immer ganz so weit her ist, und die traditionelle Feier für die meisten so ungewohnt ist, dass sie gar nicht wissen, wie sie sich richtig verhalten sollen. hoho

Ich denke, dem Tod begegnet man in allen Industriegesellschaften mit einer gewissen Verdrändung und Unwohlsein. Wir sind alle nur Menschen und alles andere als perfekt.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 22.01.09 09:57 von Sasha Twen.)
22.01.09 09:56
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Landei


Beiträge: 283
Beitrag #28
RE: Begräbnis und Würdigung der Toten
(21.01.09 21:17)Zelli schrieb:  Es lebe der Zentralfriedhof!

Dazu fällt mir spontan der Spruch ein: "Die Schweiz ist zwar doppelt so groß wie der Wiener Zentralfreidhof, aber nur halb so lustig!"

Wenn's einfach wär', könnt's jeder - 難しくなければ、誰もが出来る
11.03.09 09:37
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Bestatterin
Gast

 
Beitrag #29
RE: Begräbnis und Würdigung der Toten
So, dazu möchte auch ich mal meinen Senf dazu geben!

Ich stelle mich erst einmal kurz vor, oder viel eher, den Berufsstand den ich hier vertreten will. Ich bin Bestattungsfachkraft in Ausbildung.

So und deine Meinung, dass hier in Deutschland kein Wert auf Ehre gelegt wird, möchte ich Widerlegen.
Es ist sehr Wichtig auf Pietät zu achten. Pietät ist die Achtung und Ehrung der Verstorbenen, aber auch der Trauernden.
Während in Japan Tod und Leben strikt voneinander getrennt werden, gibt es hier in Deutschland durchaus Verbindungen, die kulturellen und religiösen Ursprungs sind, die den Verstorbenen mit einbinden.

Wenn man jetzt von den extrem Christlichen Ritualen absieht (1 Jahr keine Feierlichkeiten besuchen und schwarz tragen etc), so ist der Verstorbene doch in das Leben der Hinterbliebenen mit eingebunden.

Die Trauerphasen spielen hier natürlich eine tragende Rolle, denn ohne Konfrotation mit dem Tod des Angehörigen ist die Verarbeitung nicht möglich.

Auch Bestattungsunternehmen hier in Deutschland werben mit dem klassischen Spruch "Dienst den Lebenden, Ehre den Toten" und glaub mir es gibt hauptsächlich Bestatter die das auch tatsächlich durchführen!

Natürlich gibt es schwarze Schafe in der Banche, aber die wird es in Japan auch geben.

Desweiteren ist eine japanische Bestattung nichts anderes als eine buddhistische Bestattung, die ich auch schon arrangieren durfte... Es ist exotisch (sag ich jetzt mal so) weil man das hier nicht kennt im christlich geprägten Deutschland.

Mir scheint auch dass du sehr stark durch die aufkommende "Entsorgungsgesellschaft" geprägt bist... dies ist ein Problem mit dem man hier in Deutschland oft konfrontiert wird, aber auch das ist nicht die Regel!!
Ebenso wie das Vorurteil vom raffgierigen Totengräber

Ich persönlich würde dir raten, mal ein Bestattungsunternehmen in deiner Nähe aufzusuchen und ein Beratungsgespräch zu führen.
Und nur am Rande, ein Beratungsgespräch verpflichtet zu nichts... weder dem Abschluss eines Vorsorgevertrages noch von sonst etwas...

Oder du informierst dich mal auf http://www.bestatter.de

So ich hoffe ich konnte weiterhelfen

LG
Bestatterin
02.01.12 17:30
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Begräbnis und Würdigung der Toten
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