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Grosse Kanji
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Datenshi


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Beitrag #11
RE: Grosse Kanji
Je größer die Anzahl der bereits bestehenden Zeichen ist, desto komplexer muß es ja werden, um den vorhandenen Zeichen nicht ins Gehege zu kommen. Ansonsten... bei vielen Zeichen kann man es sich so vorstellen: Man hat (im Chinesischen) ein Wort 1 mit der Aussprache X, zu dem es noch kein Zeichen gibt. Aber es gibt auch noch ein anderes Wort 2, ebenfalls mit der Aussprache X, zu dem es auch ein Zeichen gibt. Jetzt könnte man natürlich einfach das Zeichen, das für Wort 2 verwendet wird, auch für Zeichen 1 verwenden (und sowas wurde auch nicht selten getan... z.B. 七, welches ich ja mal in einem anderen Thread vor kurzem erwähnt habe) - allerdings hat man in vielen Fällen ein neues Zeichen erfunden, so daß das Zeichen für Wort 2 nicht verschiedene Bedeutungen annimmt, die eigtl. gar nichts miteinander zu tun haben.

Wie erstellt man sich aber dann das neue Zeichen? Ganz einfach, wir haben ja schon das Zeichen für Wort 2, welches dann zur Wiedergabe der gewollten Aussprache benutzt wird. Anbei packen wir noch ein weiteres, für gewöhnlich schon bestehendes Zeichen (in vielen Fällen wird das zum Radikal des Gesamtzeichens) um die Bedeutung des neuen Zeichens anzugeben. Das ist natürlich nicht präzise, aber man hat ja neben der groben Bedeutungsangabe auch noch die Aussprache angegeben - womit dann jeder Chinese damals genügend Informationen hatte, um die Bedeutung zu erschließen.

Die Zeichen von 麒麟 wären solche Fälle. Der rechte Teil gibt jeweils die Aussprache an, der linke die Bedeutung. Neben dem legendären Kirin bedeuteten die Zeichen früher auch dasselbe wie 鹿 (ok, eine bestimmte Unterart... kenn da keine Details). Macht irgendwo Sinn, oder? ^^

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04.05.04 08:04
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Koorineko


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Beitrag #12
RE: Grosse Kanji
@ Datenshi
so ganz habe ich deine Ausführungen ehrlich gesagt nicht verstanden. Das mit Bedeutung/Aussprache ja. Aber was ist das mit "neuem" Zeichen ?
Und ist das jetzt nur in China so? Und ist das denn die Regel dass das so gemacht wird??? kratz
07.05.04 14:45
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Datenshi


Beiträge: 819
Beitrag #13
RE: Grosse Kanji
Zitat:@ Datenshi
so ganz habe ich deine Ausführungen ehrlich gesagt nicht verstanden. Das mit Bedeutung/Aussprache ja. Aber was ist das mit "neuem" Zeichen ?
Und ist das jetzt nur in China so? Und ist das denn die Regel dass das so gemacht wird??? kratz

Naja, es sind ja nicht alle Zeichen an einem Tag entstanden. Das heißt, ab irgendeinem Zeitpunkt an hast du halt eine gewisse Anzahl an Zeichen, aber es besteht dann hier und da Bedarf nach weiteren Ausdrucksmöglichkeiten. Also müssen neue Zeichen her. Wie man unschwer erkennen kann, auch wenn man nur wenige hundert Zeichen kennt, wiederholen sich viele Bestandteile immer wieder. Im Prinzip hast du also eine gewisse Anzahl von grundlegenden kanji, die nicht weiter zerlegbar in Einzelzeichen sind. Aber die Zahl dieser Elemente, aus denen sich die kanji zusammensetzen, ist verglichen mit der Zahl aller kanji zusammengenommen (sofern man das denn wirklich genau auf eine best. Zahl festnageln könnte) recht klein. Ökonomisch irgendwie und nicht weiter verwunderlich. ^^

Nochmal zur Wiederholung was ich dann im letzten Post meinte. Nehmen wir 麒 als Beispiel.
1) Also... nehmen wir an, es gibt bereits das Zeichen 其. Weiterhin mal angenommen, es hat die Lesung qí (was die moderne Mandarin-Lesung wäre... natürlich war die Lesung früher anders, aber das tut für den Moment wenig zur Sache) und bedeutet sowas wie "Futtertrog" oder so.
2) Es gibt noch ein weiteres Wort qí, für welches es noch kein Schriftzeichen gibt. Das Wort ist erstmal der Name für irgendeine Art Rotwild. Mit anderen Worten: Beide Wörter werden qí gesprochen, aber sie tragen unterschiedliche Bedeutungen. Ein klarer Fall von Homophonie also.
3) Aus irgendeinem Grund will man diese Rotwild-qí auch verschriften. Man könnte jetzt hingehen und 其 einfach für beide Wörter benutzen. Allerdings haben die beiden Wörter ja Bedeutungen, die nichts miteinander gemein haben. Manchmal hat man sich dann scheinbar gegen den Gebrauch des bestehenden Zeichens für beide Wörter entschieden - es muß also ein neues Zeichen für das Rotwild-qí her.
4) Was machen wir da? Ganz einfach. Wir nehmen 其, welches ja eh qí gelesen wird, und packen noch 鹿 dabei, um es erstens vom bestehenden 其 zu unterscheiden und zweitens die Bedeutung anzudeuten. Handelt sich ja um irgendson Rotwild. Zusammengesetzt ergeben die beiden dann das Zeichen 麒 - mit der Lesung qí - weil es ja 其 enthält - und der Bedeutung "Rotwild". Wir haben also 2 Zeichen (其
und 麒), die zwar durch das gemeinsame Bestandteil die gleiche Lesung besitzen, aber jeweils eigene Bedeutungen tragen.
5) Fertig ist unser neues Zeichen, es kommt nichtmals den bereits bestehenden ins Gehege.

So verständlicher? ^_~

(Wer sich jetzt wundert, warum zum Teufel 其 Futtertrog bedeuten soll... Das war die eigtl. Bedeutung, später wurde es auch für Deiktiva & Pronomen verwendet (siehe auch die kun'yomi sore, sono). Um Klarheit zu schaffen zwischen den beiden Gebrauchweisen, wurde für die ursprüngliche Bedeutung der Teil "Bambus" hinzugefügt, womit man beim Zeichen 箕 wäre. Dieses besitzt nur die Bedeutung "Futtertrog" - waren sicherlich aus Bambus, verwundert wäre ich da nicht gerade... - und 其 verlor dann diese Bedeutung mehr oder minder und konnte alleine für Sachen, die jap. sore/sono entsprechen, verwendet werden.)


EDIT: Noch zu den Fragen am Ende:
1) Naja, größtenteils natürlich in China. In Japan sind auch ein Haufen Zeichen entstanden, die sog. 国字 kokuji (manchmal auch 和製漢字 wasei kanji oder so genannt), aber auch die bedienen sich eigtl. durchgehend nur Elementen, die bereits in den chinesischen Vorbildern vorhanden waren. Ein Teil von denen wurde sogar ins Chinesische aufgenommen, berühmtestes Beispiel wäre 働, welches es in China ursprünglich nicht gab.
2) Ist so in etwa schon als eine Methode anzusehen. Aber halt nur als eine. ^^ Nicht jedes kanji besteht aus einem Teil, der die Bedeutung, und einen Teil, der die Lesung angibt. Um es nicht völlig ausarten zu lassen, einfach mal ein Verweis auf die 六書 rikusho. ^^ Das sind so die gängigen 6 Arten, wie kanji zustande gekommen sind.

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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 07.05.04 17:56 von Datenshi.)
07.05.04 17:41
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Anonymer User
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Beitrag #14
RE: Grosse Kanji
Ich habe gerade zufällig gesehen, dass im Langenscheidt Großwörterbuch ein Zeichen steht, das 64 Striche hat, nämlich der 4-fache Drache!! Leider kann ich es nicht eingeben, da mein Programm es nicht kennt, falls es jemand findet, kann er es ja eingeben grins Das Zeichen heißt übrigens "wortreich, geschwätzig", der 3-fache Drache laut diesem Buch nur "Bewegung vieler Drachen".
07.05.04 22:43
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Koorineko


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Beitrag #15
RE: Grosse Kanji
@A.U.:
64 Zeichen wirst du hier auch nicht darstellen können. Ausser als jpg. grins
@Datenshi:
super erklärt. Ich versuche noch einmal zu rekapitulieren:
1) Es wird ein Zeichen für einen neuen Begriff gesucht
2) Der Begriff soll "qí" ausgesprochen werden
3) Man beschliesst es mit 2 Kanji zu schreiben, als 2. Kanji (rechts) nimmt man eins, dass bereits "qí" ausgesprochen wird. Hier "其". Bedeutung ist hier egal, weil das 2. Kanji nur für die *Aussprache* von Bedeutung ist.
4.) Als 1. Kanji wählt man "鹿" ok.
Was ich jetzt noch für ein Verständnisproblem habe:
Warum wählt man "鹿" Weil es quasi ein Sammelbegriff für "Reh/Hirsch/Rotwild" ist?
Wenn ja, dann habe ich es endlich verstanden. grins
08.05.04 02:35
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Datenshi


Beiträge: 819
Beitrag #16
RE: Grosse Kanji
Ja, genau. Es gibt also schon 鹿 mit irgendeiner Aussprache und der Bedeutung Rotwild oder sonstwas im allgemeinen. Dann gibts halt irgendeine Unterart des Überbegriffs Rotwild, deren Name der Lesung von 其 entspricht - dafür hat man dann 麒 geschaffen.
Nebenbei bemerkt. Der Ausspracheteil eines kanji braucht zwar mit der Bedeutung des Gesamtkanji nicht unbedingt sonderlich viel zu tun haben, in vielen Fällen kann man aber durchaus eine Verbindung sehen. Selbst bei 麒 mit dem Futtertrog auf der rechten Seite könnte man mit gutem Willen noch eine Verbindung sehen. Spezifiert die Bedeutung nicht unbedingt, aber macht noch mehr Sinn als wenn der rechte Teil z.B. Wolke oder so bedeuten würde. ^_~

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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 08.05.04 10:10 von Datenshi.)
08.05.04 10:08
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Koorineko


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Beitrag #17
RE: Grosse Kanji
@Datenshi:
Wie hoch schätzt du den Anteil von "Doppel"-Kanji im Japanischen, bei dem das so wie beschrieben ist??? grins
08.05.04 15:16
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Datenshi


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Beitrag #18
RE: Grosse Kanji
Zitat:@Datenshi:
Wie hoch schätzt du den Anteil von "Doppel"-Kanji im Japanischen, bei dem das so wie beschrieben ist??? grins
Genaue Zahlen habe ich im Moment leider nicht parat, aber wenn mich nicht alles täuscht, sind keisei moji die häufigsten der rikusho-Arten. Hab mehr oder minder zufällig ein Buch namens 漢字と日本語教育 von 福田知行 (Fukuda Tomoyuki) in Griffweite liegen, da sind zumindest Zahlen für 3 der rikusho drin. Die sehen wie folgt aus:

象形(しょうけい), 250 Zeichen, 13%; 指事(しじ) 10 Zeichen, 0,5%; 会意(かいい) 500 Zeichen, 26%; 形声(けいせい), 仮借(かしゃ), 転注(てんちゅう) werden leider nicht mit Zahlen versehen.

Die Angaben beziehen sich auf die jôyô kanji und nur diese. Ich werd ihn mal nächste Woche fragen, ob er zu den restlichen 3 Gruppen auch konkrete Zahlen vorliegen hat. Wie ich den so kenne, hat er die sicher eigenhändig abgezählt haha. ^^

Übrigens sieht man an der ersten Zahl auch deutlich, wie sehr Aussagen im Sinne von "kanji sind bildliche Darstellungen" von der Realität entfernt sind.

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09.05.04 07:09
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Koorineko


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Beitrag #19
RE: Grosse Kanji
@Datenshi:
Also das was du beschrieben hast nennt sich 形声?
Hast du auch Beispiele für die andern Arten?
日 und 木 wären doch dann Beispiele für 象形, oder?
09.05.04 14:16
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Datenshi


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Beitrag #20
RE: Grosse Kanji
Genau, das war das keisei-Prinzip. Ok, mal eine knappe Erläuterung der rikusho:

象形(しょうけい)
Mehr oder minder stark stilisierte Bilder von Gegenständen, Lebewesen, Naturerscheinungen etc. Beispiele: 川、水、山、門、人、車、火、臣 und auch die von dir genannten Zeichen 日 und 木.

指事(しじ)
Darstellung eines abstrakten Konzepts, also kein Bild, welches man in der Realität beobachten könnte. Beispiele: 上、下、本、末、一、二、三.

会意(かいい)
Zusammensetzung aus 2 oder mehreren kanji, deren Einzelbedeutungen zusammen mehr oder minder direkt die Gesamtbedeutung des Gesamtkanji ergeben. Beispiele: 学、休、林、化、男、明.

形声(けいせい)
Zusammengesetzt aus 2 oder mehreren kanji, wovon eines die Lesung andeutet, der Rest die Bedeutung. Beispiele: 時、待、痔、詩、恃 (für 寺 als lautangebenen Teil) und auch die beiden kanji von kirin, 麒 und 麟.

Kaii und keisei überschneiden sich insofern, daß auch zusammengesetzte kanji vorkommen, bei denen ein Teil sowohl für Lesung als auch Bedeutung zuständig ist. Diese Art nennt sich 亦声 ekisei. Beispiele: 政, 征 (mit 正 in Doppelverwendung).

仮借(かしゃ)
Ein Zeichen wird losgelöst von seiner Bedeutung nur wegen seiner Lesung benutzt. Beispiele: 我、五、六、今、東、西. (Ähnliches wurde auch bei vielen ateji-Schreibweisen gemacht, z.B. 亜米利加 Amerika, 弗 doru = Dollar etc.)

転注(てんちゅう)
Hier gehen die Meinungen leider arg auseinander... teils werden hier die o.g. ekisei drunter aufgefaßt, andere haben sowas wie "2 bedeutungstechnisch unabhängige Zeichen werden getauscht, so daß Zeichen 1 fortan für Lesung/Bedeutung 2 und umgedreht benutzt wird" als Definition und wieder andere sowas wie "ein Zeichen nimmt eine verwandte Bedeutung an" (als Bsp. gäbe es da z.B. 楽 welches erstmal "Musik" bedeutete und über Gedankengänge der Art "Musik bereitet Freude" oder dergleichen zu seiner Bedeutung "erfreulich/..." gekommen ist).


Fast vergessen... der Großteil der Bsp. stammt wieder aus besagtem Buch.

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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.05.04 15:03 von Datenshi.)
09.05.04 15:00
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Grosse Kanji
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