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Japanische Typographie
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Hellstorm


Beiträge: 3.925
Beitrag #1
Japanische Typographie
Hallo,

ich frag mich, wie das mit japanischer Typographie eigentlich aussieht? Wird der Text auch in Blocksatz gesetzt?

Ich sehe da irgendwie ein paar Probleme aufgrund der fehlenden Leerzeichen. Aufgrund der festen Breite würde das zwar eigentlich ganz gut aussehen, aber da man soweit ich weiß ja nicht vor ー, ん und den Satzzeichen trennen darf, wird das ganze doch am Ende der Zeile/Spalte etwas blöd aussehen, oder?

Also ich hab in unserer OAW-Bib mal ab und zu in Büchern reingeguckt, da ist mir vor allem aufgefallen, dass die Spalten immer extrem kurz waren. Ich glaube da waren fast nie Abschnitte über mehrere Spalten.

Kann jemand was dazu sagen? Oder am besten vielleicht noch einen englischen/deutschen Text über japanische Typographie bereit haben?

Hab leider kein komplett japanisches Buch hier und keine Lust zur Uni zu fahren um zu gucken...

Wie machen die Japaner das denn? Das sieht vom Schriftbild doch etwas blöd aus. Genauso wie dieses Abwechseln der Hiragana/Kanji. Wird dann eher versucht, möglichst wenige Kanji zu verwenden, oder wie sieht das aus?

Danke
Gerrit

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08.08.07 23:47
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Botchan


Beiträge: 642
Beitrag #2
RE: Japanische Typographie
Hallo, Gerrit.
"Blocksatz" ist mit Sicht auf das Japanische vielleicht das falsche Wort, weil das so klingt, als gäbe es auch noch etwas anderes...

Üblicherweise (ich rede jetzt also nicht von Texten für Lese-Anfänger - die sind da ein wenig anders) wird der Text einfach hintereinanderweg geschrieben, natürlich ohne Leerzeichen, und dann umgebrochen, wenn das Ende der Zeile erreicht ist. Die "Regel", die Du da gehört hast, dass man vor ー, ん usw. nicht trennen darf, ist mir noch nie begegnet... und ich habe deswegen gleich mal in ein paar Bücher geschaut - und siehe da: Keines hält sich an diese "Regel"... überall fanden sich sehr wohl auch Fälle, in denen ein ー oder ein ん auf der neuen Zeile standen... Auch ein kleines tsu oder die kleinen ya, yu, yo von Silben wie z. B. sho werden problemlos so getrennt, dass man z. B. auch bei しょう nach dem し die Zeile umbricht. Alles kein Problem.

Lediglich Punkte und Kommata werden, sofern sie das einzige sind, was noch auf die alte Zeile müsste, tatsächlich dort hingesetzt. Sie stehen dann etwas über die Zeile hinaus, da sie aber sowieso nicht "mittig" im imaginären Kästchen platziert sind, sondern an dem Rand, der dem vorhergehenden Zeichen am nächsten liegt, ist das auch nicht besonders auffällig.

Zitat:dass die Spalten immer extrem kurz waren. Ich glaube da waren fast nie Abschnitte über mehrere Spalten.

Da versteh ich nicht ganz, was Du meinst...


Zitat:Das sieht vom Schriftbild doch etwas blöd aus. Genauso wie dieses Abwechseln der Hiragana/Kanji. Wird dann eher versucht, möglichst wenige Kanji zu verwenden, oder wie sieht das aus?

Wieso sieht das "blöd" aus? Das ist im Japanischen völlig normal. Wie viele Kanji im Text stehen, liegt z. T. an der Textsorte (in wissenschaftlichen Texten machen sich z. B. schonmal mehr Kanji-Wörter nötig als in belletristischen), z. T. liegt es am vorhandenen oder wenig vorhandenen Platz (in Lexika oder auch in Zeitungen stehen mehr Kanji, weil ein Wort in Kanji geschrieben üblicherweise weniger Platz wegnimmt als wenn man es in Kana "ausschreiben" würde) und z. T. liegt das sicher auch schlicht am persönlichen Stil des Autors... Aber generell ist jedenfalls die Kanji-Kana-Mischschrift in Japan nichts "Blödes", sondern ganz normale, richtige und übliche Schreibweise.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.08.07 08:19 von Botchan.)
09.08.07 08:16
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Hellstorm


Beiträge: 3.925
Beitrag #3
RE: Japanische Typographie
Danke für die Antwort.

Hm, also das mit den Umbruch vor ゃ、ゅ、ょ、ー dachte ich hätte ich mal irgendwo gelesen. Openoffice macht das auch so, aber da kann das natürlich auch dran liegen, dass Openoffice das nicht gut macht. hoho Vor ん war ich mir nicht mehr ganz sicher.
Aber vor ゃ、ゅ、ょ、ー erschien mir das eigentlich immer ganz logisch. Sonst denkt man sich ja vielleicht, dass z.b.
。。。。。き


erst ki gelesen wird und dann merkt man erst in der nächsten Zeile/spalte, dass es kyo ist. Aber gut, ich kann da natürlich nicht fundiert was zu sagen.


Zu den Spalten: Ich meine mich zu erinnern, dass Absätze nur ganz selten mal über mehrere Spalten hinaus gingen. Vielleicht mal 3 oder 4, aber dann war meistens auch schon schluss. Aber das muss man vielleicht uach mti dem Informationsgehalt eines deutschen Abschnittes vergleichen, vielleicht käme man dann auch nur auf eine solche Menge. Ich werde noch mal bei uns in der Bibliothek schauen.


Naja, „blöd“ aussehen meinte ich jetzt nicht so negativ von der Schrift her, nur vom optischen. Mir ist schon klar, dass Japanisch das so macht und dass man da auch schlecht was ändern könnte hoho Eigentlich finde ich Japanisch deswegen ja auch gut. Ich meinte einfach nur, dass es halt irgendwie (für mein Auge), etwas merkwürdig aussieht, wenn man auf einen Text guckt und man hat dann immer dieses Abwechselnde aus komplizierten und simplen Zeichen. Da sieht Chinesisch viel homogener aus.

Ich hab jetzt aber mal ne Schriftart in einem Text genommen, da sieht das irgendwie nicht so schlimm aus, wenn sich das abwechselt.

[Bild: schriftbl1.png]

Benutzt man sowas eigentlich irgendwie in irgendwelchen gedruckten Sachen? Ich sehe immer nur 明朝体, aber nicht sowas. Das finde ich eigentlich ganz hübsch, aber kann mir vorstellen, dass das vielleicht schlecht zu lesen ist?

やられてなくてもやり返す!八つ当たりだ!
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.08.07 11:47 von Hellstorm.)
09.08.07 11:47
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Botchan


Beiträge: 642
Beitrag #4
RE: Japanische Typographie
Zitat:Aber vor ゃ、ゅ、ょ、ー erschien mir das eigentlich immer ganz logisch. Sonst denkt man sich ja vielleicht, dass z.b.
。。。。。き


erst ki gelesen wird und dann merkt man erst in der nächsten Zeile/spalte, dass es kyo ist.

Tja. Stimmt schon, solcherlei Überlegungen spielen aber in der japanischen Typographie offenbar keine Rolle. "Auseinandergerissene" kyo usw. sieht man alle Nase lang.

Auch andere Aspekte der Typographie sind offenbar nach japanischem Verständnis anders "besser" als nach allgemein deutschem... z. B. lese ich gerade ein Buch da steht auf dem Titel:

Zitat:人 間心と体

Dass 人間 gesperrt gedruckt ist, ist einfach eine Art der Hervorhebung im Japanischen, aber die Leerzeichen sind - für deutsche Augen - merkwürdig. Ich hätte ja auf jeden Fall auch zwischen 間 und 心 ein Leezeichen gesetzt, aber da 人間 fett gedruckt ist, gehört es für japanische Augen offenbar deutlich genug zusammen... Aber solche Sachen, bei denen einem die Typographie aus deutscher Sicht merkwürdig vorkommt, gibt es überall zuhauf...

Zitat:Zu den Spalten: Ich meine mich zu erinnern, dass Absätze nur ganz selten mal über mehrere Spalten hinaus gingen. Vielleicht mal 3 oder 4, aber dann war meistens auch schon schluss.

Ah... jetzt GLAUBE ich, dass ich verstehe, was Du meinst. Du sprichst offenbar von senkrechter Schreibweise (tategaki) und meinst mit "Spalte" eine Zeile (nennst sie nur "Spalte", weil sie eben senkrecht verläuft, oder?). Ich würde dennoch "Zeile" (gyô) dazu sagen. Und was die Zeilenzahl pro Absatz angeht... Das hängt auch wieder von vielen Faktoren ab. Beispielweise davon, ob es sich um einen Dialog in einem Roman o. ä. handelt... Denn wörtliche Reden verschiedener Personen beginnen jeweils mit einer neuen Zeile. Aber wenn Du Dir z. B. Aufsätze oder Erzählpassagen ansiehst, dann hast Du ohne weiteres auch Absätze, die eine halbe, eine ganze oder mehr als eine Seite lang sind...

Zitat:Aber das muss man vielleicht uach mti dem Informationsgehalt eines deutschen Abschnittes vergleichen,

Ja, muss man (womit sonst?). Und dann wird man im Durchschnitt keine großen Unterschiede feststellen: Es gibt in Deutschland wie in Japan Autoren, die schreiben fast ohne jeden Absatz, so dass man bei jeder Seite auf eine graue Bleiwüste blickt, und andere, die gliedern auch optisch häufiger...
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.08.07 15:05 von Botchan.)
09.08.07 13:50
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Japanische Typographie
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