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Hiroshima-Gedenktag
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Zelli


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Beitrag #51
RE: Hiroshima-Gedenktag
(15.08.08 09:18)Thilo schrieb:Ich meine damit u.a. die Zahlen der verurteilten Kriegsverbrecher, welche im Angesicht des Ausmasses der veruebten Verbrechen laecherlich gering sind, oder die Uebernahme gewisser Personen oder ganzer Organe aus der NSDAP-Herrschaft, wie z.B. der Organisation Gehlen und der Bundeswehr der Gruendungszeit.

Ein Aufarbeiten des Geschehenen bedeutet ja nun nicht möglichst viele Verbrecher hinterher vor Gericht zu stellen (was diesen Punkt angeht wäre die "Aufarbeitung" der japanischen Kriegsvergehen dann "besser" gelungen, da man auf der Siegerseite tausende japanische Soldaten im Schnellverfahren abgeurteilt hat). Aufarbeiten von geschichtlichen Ereignissen heißt vor allem die gegenseitigen Erfahrungen/Betrachtungen dieser zu versöhnen, bzw. zu respektieren/verstehen. Im ostasiatischen Fall hieße das z.B., dass man auf koreanisch/chinesischer Seite das Leiden der Atombombenopfer anerkennt und respektiert ohne sie gegen Verbrechen japanischer Soldaten aufzurechnen. Oder das man auf japanischer Seite in Zusammenarbeit mit Chinesen, Koreanern, Philippinern, etc. die verübten Verbrechen analysiert und zu einer gemeinsamen Beurteilung gelangt. Aufarbeitung von Geschichte basiert zwangsläufig auf der Zusammenarbeit von einstigen Gegnern. Gegenseitiges Aufzählen der Verbrechen der Anderen, sowie das Weglassen/Verschweigen gewisser Punkte ist Feind jeder ehrlich gemeinten Aufarbeitung.
Man sollte sich, insbesondere als Nachgeborener, darüber im Klaren sein, dass die Aufarbeitung einer Zeit, in welcher es zu Massakern, Atombombenabwürfen, Massenvertreibungen und Genoziden gekommen ist, unerhört schwer ist (besonders wenn in den Ländern nach Kriegsende Regierungen/Regime an der Macht sind, die daran kein Interesse haben). Von daher sollte man sich mit Vorwürfen zurückhalten, auch deswegen weil die Verarbeitung des Geschehenen nur gemeinsam geleistet werden kann und nicht nur in die Verantwortung der "Täter" fällt. Konfrontieren des (einstigen) Gegners spielt nur den Nankingleugnern und den Befürwortern der Atombombenabwürfe in die Hände, Kooperation setzt sie dagegen schachmatt.

Soviel von mir zum heutigen Tag des Kriegsendes.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 15.08.08 15:15 von Zelli.)
15.08.08 15:11
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Soemurai


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Beitrag #52
RE: Hiroshima-Gedenktag
Zitat:Mir gehen das einseitige Gedenken der Atombombe ebenfalls auf die Nerven.
Mir auch.

Zitat:Die Abwuerfe haben die Japaner selbst zu verantworten und sollten sich dessen auch bewusst sein.
Inwiefern hatten Japaner es zu veranworten?


Zitat:Wer Wind saeht wird Sturm ernten.
So einfach ist das.
Du bedienst dich der "Ursache=>Wirkung- Theorie", die man auch so fomulieren könnte: wer den Krieg anfängt, gibt dem Gegener das Recht, ALLES mit einem zu machen. Konsequenterweise hätten dann die Japaner auch einen Genozid am eigenen Volk durch einen Kreigsgegner "selbst zu verantworten" gehabt.
15.08.08 17:22
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L4D


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Beitrag #53
RE: Hiroshima-Gedenktag
@Zelli
Die Verurteilung von Kriegsverbrechern ist aber auch ein zentraler Teil der Vergangenheitsbewaeltigung. Lippenbekenntnisse tun keinem weh. Was nuetzt der Kniefall von Willi Brandt, wenn die Moerder von damals zu einem grossen Teil unbehelligt unter uns leben (gelebt haben) und teilweise beachtliche Karrieren machen konnten?
In meiner Nachbarschaft lebt uebrigens ein Herr, der in Italien als Offizier der Waffen-SS ein Massaker in einem Dorf mitgeplant hat, bei dem 500 Menschen getoetet wurden. In Italien ist er rechtskraeftig zu lebenslanger Haft verurteilt. Aber man sieht sich ja beim sonntaeglichen Spaziergang.

(16.08.08 00:22)Soemurai schrieb:Inwiefern hatten Japaner es zu veranworten?

Auch wenn Du meine Meinung nicht teilst, weisst Du doch genau, auf was ich hinaus will, oder? zwinker
16.08.08 06:04
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kage


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Beitrag #54
RE: Hiroshima-Gedenktag
(14.08.08 17:01)fuyutenshi schrieb:
(13.08.08 21:29)kage schrieb:klingt ja ehrlich gesagt auch ein wenig nach einer antijüdischen Verschwörungstheorie ("Juden mit Hass"....)
augenrollen
Oder einfach eine Theorie. Wie auch immer. Kein Thema fuer dieses Forum.
fein, und 2 Beiträge darüber lobtest du noch die OT-Diskussionen hoho

keine Ahnung, ob es OT war, ich hatte nur keine Lust, so einen - zumindest missverständlichen - Spruch unkommentiert stehen zu lassen.
cool
16.08.08 12:29
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Soemurai


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Beitrag #55
RE: Hiroshima-Gedenktag
(16.08.08 13:04)Thilo schrieb:Auch wenn Du meine Meinung nicht teilst, weisst Du doch genau, auf was ich hinaus will, oder? zwinker

Nicht ganz. Entweder bist du der Meinung, dass es keine Alternative zum Atombombenabwurf gab und deswegen die japanische Führung entweder kapitulieren oder das japanische Volk gegen die Führung hätte revoltieren müssen. Oder du bist der Meinung, dass der Angreifer dem Angegriffen das Recht gibt, mit jeder Maßnahme zurückzuschlagen.
16.08.08 16:03
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Azumi


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Beitrag #56
RE: Hiroshima-Gedenktag
(16.08.08 16:03)Soemurai schrieb:Entweder bist du der Meinung, dass es keine Alternative zum Atombombenabwurf gab und deswegen die japanische Führung entweder kapitulieren oder das japanische Volk gegen die Führung hätte revoltieren müssen.

Die japanische Führung hatte nicht kapituliert. Es war der Tennô selbst, der die Kapitulation aussprach. Und niemand in Japan würde sich heute oder damals gegen den Willen des Tennô auflehnen.

Im übrigen, soweit ich mich noch an ein Buch über japanische Geschichte erinnere, wurde bereits Anfang 1945 von Japan, federführend vom Tennô nach einer Möglichkeit gesucht, den Krieg zu beenden, in dem man die Sovietunion um Vermittlung bat. Zu dieser Zeit kann man sagen, dass die Zustände in Japan bereits desolat waren.

Die USA bestand aber auf eine bedingungslose Kapitulation. Zu diesem Zeitpunkt hätte man verhandeln können. Eine Drohung mit der A-Bombe hätte evt. sein Ziel erreicht. Nur war, davon bin ich überzeugt, der Hass der Amerikaner größer als das Bemühen, die Opfer in Grenzen zu halten. Da es also zu diesem Zeitpunkt nicht mehr notwendig war, um den Krieg zu beenden, es der Einsatz der A-Bombe ein Kriegsverbrechen.

熟能生巧
16.08.08 18:16
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L4D


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Beitrag #57
RE: Hiroshima-Gedenktag
(16.08.08 23:03)Soemurai schrieb:Nicht ganz. Entweder bist du der Meinung, dass es keine Alternative zum Atombombenabwurf gab und deswegen die japanische Führung entweder kapitulieren oder das japanische Volk gegen die Führung hätte revoltieren müssen. Oder du bist der Meinung, dass der Angreifer dem Angegriffen das Recht gibt, mit jeder Maßnahme zurückzuschlagen.
Natuerlich gab es Alternativen. Aber zum einen frage ich mich, ob es fuer die Japaner so viel besser gewesen waere, Stueck fuer Stueck von den USA und der UdSSR erobert zu werden und andererseits finde ich den Abwurf selbst gerechtfertigt. Als amerikanischer Praesident haette ich auch zuerst an das Leben der amerikanischen Soldaten gedacht.

Und zu guter Letzt waren eben die Japaner die Aggressoren.
16.08.08 18:37
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Soemurai


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Beitrag #58
RE: Hiroshima-Gedenktag
(17.08.08 01:37)Thilo schrieb:Natuerlich gab es Alternativen. Aber zum einen frage ich mich, ob es fuer die Japaner so viel besser gewesen waere, Stueck fuer Stueck von den USA und der UdSSR erobert zu werden und andererseits finde ich den Abwurf selbst gerechtfertigt. Als amerikanischer Praesident haette ich auch zuerst an das Leben der amerikanischen Soldaten gedacht.

Und zu guter Letzt waren eben die Japaner die Aggressoren.

Da du ja explizit einräumst, es habe andere Alternativen gegeben, stimmst du also folgender Aussage zu:

"Die Japaner waren die Aggressoren, somit ist auf der Gegenseite jedes Gegenmittel für den Sieg "gerechtfertigt", auch die Massentötung. Auch wenn es Alternativen gab.

Meine Meinung hierzu: Die Ansicht "wenn sich der Aggressor eines amoralischen Mittels bedient (diverse Massaker), ist es Kriegsverbrechen, wenn hingegen der Angegriffene das gleiche macht, ist es in Ordnung (mit deinen Worten "gerechtfertigt") " halte ich für Messen mit zweierlei Maß. Sicher kann der Angegriffene das gleiche machen, muss aber - aus moralischer Sicht - dann eben auch als Kriegsverbrecher gelten. Oder du musst mir mal erklären, wie du das Wort "gerechtfertig" (etwa nicht als moralischen Begriff?) verstehst.
16.08.08 19:24
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Zelli


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Beitrag #59
RE: Hiroshima-Gedenktag
(16.08.08 18:37)Thilo schrieb:Als amerikanischer Praesident haette ich auch zuerst an das Leben der amerikanischen Soldaten gedacht.

Wenn es danach gegangen wäre hätte man schon Monate vorher die Kapitulationsbedingungen ausgehandelt. Insbesondere wenn man sich die amerikanische Politik gegenüber Japan nach dem 2.WK anschaut gibt es für mich nur einen Grund, warum man unbedingt auf einer bedingungslosen Kapitulation beharrt hat ...


(16.08.08 18:37)Thilo schrieb:Die Verurteilung von Kriegsverbrechern ist aber auch ein zentraler Teil der Vergangenheitsbewaeltigung.
Verbrecher müssen bestraft werden. Da gibts natürlich kein Vertun. Für Vergangenheitsbewältigung entscheidend ist aber, wie solche Gerichtsverhandlungen durchgeführt werden. Wenn sie, wie in Tokyo, bei den Besiegten (und sogar einem gewissen indischen Richter) den Eindruck von willkürlicher Siegerjustiz hinterlassen sind sie für die Vergangenheitsbewältigung sogar hinderlich.
16.08.08 19:28
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Soemurai


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Beitrag #60
RE: Hiroshima-Gedenktag
(17.08.08 01:37)Thilo schrieb:Aber zum einen frage ich mich, ob es fuer die Japaner so viel besser gewesen waere, Stueck fuer Stueck von den USA und der UdSSR erobert zu werden und andererseits finde ich den Abwurf selbst gerechtfertigt. Als amerikanischer Praesident haette ich auch zuerst an das Leben der amerikanischen Soldaten gedacht.

Der amerikanische Präsident hat sicherlich an was anderes gedacht, denn auch er wusste, dass die Invasion der Inseln gar nicht notwendig war. Der Abwurf diente nicht hauptsächlich der Beendigung des Krieges.

Literturempfehlung:
Florian Coulmas: "Hiroshima - Geschichte und Nachgeschichte", C.H.Beck-Verlag, 2005
16.08.08 19:29
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Hiroshima-Gedenktag
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