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Waka - Herbst/Winter - Übersetzungen/Interpretationen
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adv


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Beitrag #1
Waka - Herbst/Winter - Übersetzungen/Interpretationen
Vielleicht ist es ganz interessant, hier mal ein paar Waka zum Thema
Herbst/Winter zusammenzutragen, zu übersetzen und zu interpretieren.

So werfe ich hier mal ein, zum jetzigen Winter - kein Schnee, viel Sturm -
passendes Waka von Reizei Tamemasa 冷泉為尹 (1361 - 1417) in
den Ring.
Der Sprachepoche nach also im Übergang vom Frühen Mitteljapanisch
zum Hoch-Mitteljapanisch.

Vielleicht hat der eine oder andere ja Lust weitere Gedicht zu übersetzen und
hier hereinzustellen.
..... oder meine Übersetzung/Interpretation kritisch zu kommentieren.

Nun also das Gedicht:

やまびとの あとにあらしや おくるらむ
このはみだるる たにのかけはし


yamabito no/ ato ni arashiya/ okururama
ko no ha midaruru/ tani no kakehashi


zu besseren Lesbarkeit dann auch noch mal mit Kanji versehen:

山人の 後にあらしや 送るらむ
木の葉乱るる 谷の架け橋


[Bild: kaze1590.jpg][Bild: kaze1590.jpg]

Der dem Holzfäller folgende Sturmwind, wird ihn wohl (auch weiter) begleiten -
auf der Hängebrücke im Tal wirbelt er das Laub durcheinander.


Das vermutlich dahinter gedachte Bild:

Dem (vorbei ziehenden) Holzfäller bläst der Sturmwind kräftig hinterher -
und der Sturm wird ihn wohl auch noch (auf seinem weiteren Weg) begleiten;
auf der Hängebrücke im Tal wirbelt er (hinter ihm) das Laub durcheinander.


Die Form ist, wie beim waka nicht anders zu erwarten: 5 - 7 - 5 - 7 - 7.

山人の kann im Prinzip alle in den Bergen oder im Wald wohnenden
und/oder arbeiteten Menschen meinen. Der "Holzfäller" könnte
also auch Einsiedler, Jäger, Köhler, Waldarbeiter, Wandermönch etc. sein..

Das die Jahreszeit andeutendes Wort, das Ki·go (季語) ist 木の葉 (このは)
ko-no-ha, das Laub der Bäume, wie es hier vom Wind hin- und hergewirbelt
wird.
(Verwandte Ki·go sind ua. auch: 木の葉散る (このはちる) ko-no-ha chiru, das
fallende Laub und 木の葉髪 (このはがみ), ko-no-ha-gami, das vom Wind
herumgewehte, sich in den Haaren verfangene Laub, als Zeichen des
frühen Winters. Ein schönes Bild das früher auch symbolisch für den 10.
lunaren Monats stand.)

らむ steht meist bei wohl begründeten Vermutungen und modifiziert die
Aussage des Verbes entsprechend ("Dubitativ"). Es kann aber nach Rickmeyer
auch Fragen markieren. Evt. also auch:

..wird ihn der Sturmwind (weiter auf seinem Weg) begleiten ? ..

Die Partikel hier wohl appellativ, oft mit einer gewissen Wehmut oder
Klage, - zudem den Gegenstand der Vermutung markierend?

Beliebt und hoch angesehen war die Allusion, das geschickte Adaptieren
von Form, Lautmelodie und/oder Inhalt berühmter Gedichte.
Auch Reizei Tamemasa verwendte hier mit 谷の架け橋 - der Hängebrücke
im Tal - ein solches Motiv.

[Bild: IMGP1224.JPG]

So findet sich 谷の架け橋 schon in der berühmten 5. kaiserlichen Gedichtsammlung
Kin'yō Wakashū 金葉集初度本 (きんようしゅう_しょどぼん), der "Sammlung
der Goldenen Blätter, und zwar in einem Gedicht von Fujiwara no
Akisue
(1055-1123):

をくらやま みねのあらしの ふくからに
たにのかけはし もみちしにけり


Ogurayama/ mine no arashi no/ fuku kara ni/
tani no kakehashi/ momoji shinikeri


mit Kanji und Diakritika versehen:

をぐら山 峰のあらしの 吹くからに
谷の架け橋 黄葉しにけり



Am Ogura-Berg fegt vom Gipfel ein Sturm herunter, der so stark ist,
das die Hängebrücke im Tal ganz buntes Herbstlaub ist.


Im Gegensatz zum ersten Gedicht handelt es sich hier aber um ein Herbstgedicht;
das Ki·go (季語) ist hier 黄葉, das bunte Herbstlaub.
Die Technik der Allusion wurde und wird im Japanischen übrigens als honkadori
(本歌取り) bezeichnet.

[Bild: 251115c2.jpg]

edit: edit: Hervorhebungen von red in teal geändert
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 10.12.07 08:00 von adv.)
18.01.07 16:51
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undvogel


Beiträge: 539
Beitrag #2
RE: Waka - Herbst/Winter - Übersetzungen/Interpretationen
Hallo adv,
das ist eine schönste und interessanteste Eintragung.

Dürfte ich aber mal das Wort "送る" nur kurz kommentieren?

Mir scheint, dass "起くる" statt dieses "送る" vielleicht eher zutrifft.

"起くる" ist rentai-kei von "起く"(gegewärtig "起こる" oder "起きる"), sehe ich.

http://ja.wikibooks.org/wiki/%E5%8F%A4%E...8%E8%A1%A8

Also würde ich es hier grob so interpretieren:
"Soll ein Sturm danach toben, wann und wo Holzfäller vobeigehen?
19.01.07 11:39
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adv


Beiträge: 1.037
Beitrag #3
RE: Waka - Herbst/Winter - Übersetzungen/Interpretationen
Hallo undvogel, vielen Dank für Deinen Kommentar und den interessanten link.
Ich kann mir da natürlich mit dem おくるらむ auch nicht sicher sein. Von 冷泉為尹
habe ich auch nur wenige Gedichte hier und keine Übersetzungen.
Auf der Suche nach Gedichten von Zeitgenossen habe ich eben einmal die
große Gedichtsammlung von 正徹 (しょうてつ), die "Grass- und Wurzel-Sammlung,
草根集 (そうこんしゅう), die komplett mit allen 10.000 Waka im Hiragana-Original
und in moderner Übertragung mi Kanji im Internet steht (tois1.nichibun.ac.jp)
danach durchsucht, wie dort おくる übertragen wird: 送る fand ich da 25 Mal, auch
in Zusammenhang mit 風 und 冬; 起くる war dagegen mit 2 Einträgen seltener, das
heißt für das waka hier natürlich noch wenig, nur das おくる = 送る in der Zeit
um 1400 in den waka sicher im Gebrauch war.
正徹 lebte 1381 - 1459, seine Lebenszeit überschnitt sich also mit der von 冷泉為尹,
... und er dichtete auch in der Reizei-Tradition.

Vielleicht bekommen wir noch mehr heraus...

PS: In den moderen Übertragungen wird aus おくるらむ dann übrigens おくるらん

edit: PS,, RS
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 19.01.07 15:33 von adv.)
19.01.07 14:48
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Ex-Mitglied (AU)
Gast

 
Beitrag #4
RE: Waka - Herbst/Winter - Übersetzungen/Interpretationen
Adv, von mir auch ein Kompliment für diese schöne Idee. Wir sollten das im Frühjahr/Sommer entsprechend wiederholen ;-) Und danke auch, dass Du es nicht mit Haiku versuchst, da kräuseln sich mir jedes Mal die Fußnägel …

Hier mein kleiner Beitrag (stammt aus den 百人一首); bin noch nicht ganz zufrieden, aber habe mich bemüht, die waka-Form auch in der Übersetzung beizubehalten.

月見ればちぢに物こそかなしけれ

わが身ひとつの秋にはあらねど


Blicke ich zum Mond

erscheinen mir die Dinge

unendlich (tausendfach) trister

obgleich nicht allein für mich

der Herbst gekommen sein mag.
19.01.07 15:10
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Seyanen


Beiträge: 7
Beitrag #5
RE: Waka - Herbst/Winter - Übersetzungen/Interpretationen
(19.01.07 11:39)undvogel schrieb:"起くる" ist rentai-kei von "起く"(gegewärtig "起こる" oder "起きる"), sehe ich.

Und aus diesem Grund kommt 起く kaum in Frage, da -ramu nur bei Verben der ra-henkei-Reihe an die Rentai-kei, ansonsten aber an die Shuushi-kei anschliesst. Oku ist aber oben-zweistufig.

Ein Einwand noch zur Übersetzung des zweiten Waka:

Zitat: をくらやま みねのあらしの ふくからに
たにのかけはし もみちしにけり

Am Ogura-Berg fegt vom Gipfel ein Sturm herunter, der so stark ist,
das die Hängebrücke im Tal ganz buntes Herbstlaub ist.

Meiner Ansicht nach, bläst der Sturm oben auf/an dem Gipfel des Berges. Und weit unten im Tal werden blos die Auswirkungen des Sturmes (fuku hier in der Rentai-kei plus karani, dem Vorläufer des heutigen kara) sichtbar.

Ferner erfordern hier die Verbalsuffixe -nu (hier als ni in der Renyou-kei) und -keri ('erzähltes Perfekt bzw. 'Gefühlsbeteiligung' des Sprechers) vielleicht eine leicht andere Übersetzung. "Erschien(-keri) mir die kleine Brücke ganz(-ni)eingehüllt in das Rot des Herbstlaubes."

In der Wahrnehmung des Sprechers hat das Rot der Natur eine solche Strahlkraft, dass die (von Menschen erbaute) kleine Brücke ganz in ihr aufgeht.
19.01.07 20:39
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Beiträge: 1.037
Beitrag #6
RE: Waka - Herbst/Winter - Übersetzungen/Interpretationen
@Seyanen, undvogel: Ich danke euch für die interessanten Diskussionsbeiträge.

Zu dem ersten Waka:

やまびとの あとにあらしや おくるらむ
このはみだるる たにのかけはし

hatte ich die Tage bei einem Bekannten in Japan angefragt, der sich früher eingehend mit
klassischen Texten beschäftigt hat und heute von ihm folgende interessante
Anmerkungen erhalten:

- Sicher erscheint ihm, das "木の葉乱るる 谷の架け橋" ein Ereignis ist, das sich unmittelbar
im Blickfeld des Autors ereignet und durch dessen Anblick er zu Gedanken über seine Ursache
veranlaßt wird.

- あらし (嵐) hatte in der betrachteten Zeit mindestens 2 Bedeutungen. Neben dem hier
zunächst angenommenen "stürmischen Wind" wurde damit auch ein "aus den Bergen
herunterwehender Wind" bezeichnet.

- Von den vielfältigen Bedeutungsmöglichkeiten von 山人, wie Holzfäller, Waldbewohner etc
präferiert er die Bedeutung im Sinne von 仙人, also dem weltabgewandt lebenden
Einsiedler oder dem in den Bergen lebenden Heiligen.

- Zum Schwierigsten nun: おくるらむ. Hier würde er 送る eher ausschließen, da er
davon ausgeht, das es sich hier ein intransitives Verb handeln sollte.
Von den möglichen intransitiven Verben favorisiert er 後る, "zurückbleiben, übrig bleiben"

- "らむ" markiert für ihn auch die begründeten Vermutung. Der Autor sieht den Wind
von den Bergen herabwehen und die Blätter herumwirbeln und so fragt er sich,
was wohl der Grund für diesen Wind sein mag und er vermutet oder nimmt
sicher an "Vielleicht hat ein Heiliger diesen Ort passiert und den Wind zürück gelassen?"
(Er betrachtet also den Heiligen, als Ursache des Windes)
20.01.07 15:52
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Beiträge: 1.037
Beitrag #7
RE: Waka - Herbst/Winter - Übersetzungen/Interpretationen
Zum zweiten Waka:

をくらやま みねのあらしの ふくからに
たにのかけはし もみちしにけり

Bin ich durch AUs Übersetzung aus den hyakunin·isshu, 百人一首 , den
„Hundert Gedichten von hundert Dichtern“ darauf aufmerksam
geworden, das ふくからに offensichlich eine öfters gebrauchte Phrase
in der Lyrik gewesen ist und sich so dort zB auch im 22. Gedicht von
文屋康秀 (ふんやのやすひで) findet:


ふくからに あきのくさきの しをるれば
むべやまかぜを あらしといふらむ

吹くからに 秋の草木の しをるれば
むべ山風を あらしといふらむ

aber wieder zum:

をくらやま みねのあらしの ふくからに
たにのかけはし もみちしにけり

Zitat:Seyanen schrieb:

Ferner erfordern hier die Verbalsuffixe -nu (hier als ni in der Renyou-kei) und -keri ('erzähltes Perfekt bzw. 'Gefühlsbeteiligung' des Sprechers) vielleicht eine leicht andere Übersetzung. "Erschien(-keri) mir die kleine Brücke ganz(-ni)eingehüllt in das Rot des Herbstlaubes."

"Ganz eingehüllt" ist glaube ich eine sehr gute Umschreibung; wg. der Nachdrücklichkeit
die -n.u impliziert, - , zumal es um ein nicht willentlich beeinflussbares Ereignis
geht (sonst wäre es wohl -t.u ?).

Zu dem Suffixverb -keri habe ich in dem Buch von Rickmeyer, in dem er
anhand des 百人一首eine Einführung in das KJ gibt noch schöne Beispiele für -keri als Mittel des emotionalen Nachdrucks gefunden:
saki.ni.keri = sie sind ja vollends erblüht; nifofi.ker.u "ach, sie duften"... etc.

Zitat:Seyanen schrieb:
Meiner Ansicht nach, bläst der Sturm oben auf/an dem Gipfel des Berges. Und weit unten im Tal werden blos die Auswirkungen des Sturmes (fuku hier in der Rentai-kei plus karani, dem Vorläufer des heutigen kara) sichtbar.

Aber kara markiert immerhin die Quelle des Sturms und die Ursache der Auswirkungen im Tal,
"...fegt vom Gipfel ein Sturm herunter" ist aber vielleicht wirklich überinterpretiert
und besser wäre:

Auf/über dem Gipfel des Ogura-Berges tobt ein Sturmwind -
und noch im Tal scheint die kleine Brücke ganz in das Rot des Herbstlaubes
eingehüllt zu sein."


Mit der Strahlkraft des Rotes hast Du sicher Recht.

Gruß und noch ein schönes Wochenende

adv
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 20.01.07 16:42 von adv.)
20.01.07 16:32
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Seyanen


Beiträge: 7
Beitrag #8
RE: Waka - Herbst/Winter - Übersetzungen/Interpretationen
Zitat:Aber kara markiert immerhin die Quelle des Sturms und die Ursache der Auswirkungen im Tal,
"...fegt vom Gipfel ein Sturm herunter" ist aber vielleicht wirklich überinterpretiert

Was meinst Du genau mit Quelle? kara als Ausgangspunkt einer Bewegung (fuku muesste dann in der Rentai-kei als Nomen interpretiert werden) ist meiner Kenntnis nach für die Heian-Zeit nicht belegt. Hier würde in dem Fall etwa ein yori stehen.
Koujien belegt noch eine temporale Funktion von karani mit einem Kokinshuu-Waka im Sinne einer relativen Gleichzeitigkeit (hier übrigens auch in Verbindung mit fuku). Lewin hingegen kennt nur die kausale Funktion.

Noch eine Anmerkung zu "Gipfel" in der Übersetzung:
Bei vielen "Bergen", die so in Waka der Nara- und Heian-Zeit auftauchen, handelt es sich nach heutigem Empfinden höchstens noch um kleinere Hügel. Möglicherweise weckt "Gipfel" beim deutschen Leser eher alpine Assoziationen... zunge grins
20.01.07 17:24
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Beitrag #9
RE: Waka - Herbst/Winter - Übersetzungen/Interpretationen
(20.01.07 17:24)Seyanen schrieb:
Zitat:Aber kara markiert immerhin die Quelle des Sturms und die Ursache der Auswirkungen im Tal,
"...fegt vom Gipfel ein Sturm herunter" ist aber vielleicht wirklich überinterpretiert

Was meinst Du genau mit Quelle? kara als Ausgangspunkt einer Bewegung (fuku muesste dann in der Rentai-kei als Nomen interpretiert werden) ist meiner Kenntnis nach für die Heian-Zeit nicht belegt. Hier würde in dem Fall etwa ein yori stehen.
Koujien belegt noch eine temporale Funktion von karani mit einem Kokinshuu-Waka im Sinne einer relativen Gleichzeitigkeit (hier übrigens auch in Verbindung mit fuku). Lewin hingegen kennt nur die kausale Funktion.

Aus späterer Zeit stammt das Gedicht schon, Mittelalter, Muramachi-Zeit, so ~1420 herum.
Ich weiß auch nicht, ab wann kara nicht nur kausal, sondern auch ablativ gebraucht wurde...
Allerdings genügt für "auf dem Gipfel...tobt ein Sturmwind - und noch im Tal scheint.."
rein der kausale Zusammenhang.
Außerdem bleibt die Möglichkeit das Nomen あらし (嵐) in der Bedeutung "aus den
Bergen herunterwehender Wind" zu betrachten.

Ja die Gipfel, habe auch schon auf solchen, in der Lyrik zitierten, japanischen
"Gipfeln" gestanden. grins
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 20.01.07 18:24 von adv.)
20.01.07 17:56
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Datenshi


Beiträge: 819
Beitrag #10
RE: Waka - Herbst/Winter - Übersetzungen/Interpretationen
Zitat:Was meinst Du genau mit Quelle? kara als Ausgangspunkt einer Bewegung (fuku muesste dann in der Rentai-kei als Nomen interpretiert werden) ist meiner Kenntnis nach für die Heian-Zeit nicht belegt. Hier würde in dem Fall etwa ein yori stehen.
Selbst das von dir erwähnte Kôjien sagt zu dieser Gebrauchweise (d.h. "lokaler/temporaler Ausgangspunkt") folgendes: "平安時代以降の用法". Worauf ein Bsp. aus dem --ebenfalls von dir erwähnten-- Kokin(waka)shû folgt (浪の花沖から咲きて散り来めり水の春とは風やなるらむ - ist auch in vielen anderen kokugo oder kogo jiten der Standardbeleg für diesen Gebrauch in relativ früher Zeit). Somit ist diese Funktion von kara also zumindest seit dem frühen 10. Jh. und damit seit der frühen Heian-Zeit belegt.

Mal davon abgesehen, daß es hier natürlich überhaupt nicht paßt... dazu müßte kara nach mine oder so stehen, also nach irgendetwas, was auch einen Ort bzw. eine Zeit bezeichnet. Außerdem kommt kara in dieser Bedeutung nicht mit folgendem ni vor, insofern gibts einige gute Gründe, warum man sowas hier von Anfang an ausschließen muß.


Edit: So wacker wie ich war, hab ich im waka doch glatt eine Silbe am Ende verschluckt...

種種求生剥逆剥阿離溝埋屎戸上通通婚馬婚牛婚鷄婚犬婚之罪類
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 20.01.07 18:01 von Datenshi.)
20.01.07 18:00
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Waka - Herbst/Winter - Übersetzungen/Interpretationen
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